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Digitalisierung

Generation Y, Generation Z, Digital Natives, Digital Immigrants

Wie selbstverständlich nimmt die kleine Alina von nebenan, vier Jahre alt, mein Smartphone in ihre süßen Händchen. Routiniert aktiviert sie die Sprachsteuerung. Auch ohne lesen und schreiben zu können, hat sie schon Zugang zum Wissen der Welt: „Zeig mir Bilder von Delfinen“, gibt sie in Auftrag.

Das erste Foto, das die Welt von ihr zu sehen bekam, war ein Ultraschallbild auf Facebook. Wenn sie im Mutterleib wild gestrampelt hat, hat das Kick-Bee-Bauchband der werdenden Mutter auf Twitter „I kicked Mommy“-Botschaften verschickt.

Als sie geboren wurde, hatte sie schon eine eigene Website-Domain. Als Baby trug sie Söckchen, die mit den Smartphones von Papa und Mama kommunizierten, um zu melden, falls mit der Kleinen was nicht in Ordnung war. Ihre Windeln schlugen via Bluetooth Alarm, wenn sie nicht mehr ganz trocken waren.

Mit zehn Monaten bekam sie ihr erstes Handy und danach jede Menge Digitalspielzeug geschenkt. Den Tablet-Computer ihres Papas beherrscht sie inzwischen perfekt. 47 Prozent aller Kinder zwischen drei und fünf Jahren können das heute. Aber nur 14 Prozent können sich die Schnürsenkel binden.

Im Internet und in den Sozialen Medien sozialisiert

Alina gehört zur Generation Z. So bezeichnen die Demographen die ab plus/minus dem Jahr 2000 Geborenen. Sie sind die Nachfolger der Generation Y, die ab plus/minus 1980 das Licht der Welt erblickte. Beide Generationen wurden im Internetzeitalter sozialisiert, wodurch ihr Leben eine völlig andere Prägung bekam, als das der Generationen davor.

Das Credo dieser Alterskohorte, die man auch Millennials nennt? Autonomie und Entfaltungsraum, Kollaboration und Selbstorganisation. Und: Sein statt haben, teilen statt besitzen. Sie sind Selbstdenker und Selbstmacher, die schon als kleine Kinder in familiäre Entscheidungen wirksam miteinbezogen wurden.

Das aktive Miteinander spielt in ihrem Leben eine sehr große Rolle. Sie wollen sich einbringen, statt nur passiv berieselt zu werden. „Es geht darum, mitzugestalten, die eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und diese wiederum anderen zu zeigen“, sagt Christian Schuldt vom Zukunftsinstitut über seine Studie Youth Economy.

Der Chef als Ansager und Aufpasser? Ein Auslaufmodell

Zu allem entwickeln Millennials eine Meinung – und alles wird kommentiert. Zugleich legen sie auf den Input und das Feedback anderer sehr großen Wert. Sie sind wissbegierig und lernwillig und haben für alles ein offenes Ohr. Und sie sind konsensbereit, solange ein Feedback nicht belehrend, sondern erklärend ist.

Doch Autoritäten kraft Amtes und hierarchischen Befehlsketten verweigern sie sich. Der Chef als Ansager und Aufpasser? Für sie ein Auslaufmodell. „Wir wollen einen Mentor und keinen Manager, der uns sagt, wo es langgeht. Wir brauchen kein Alphatier, das sein Ego vor sich her trägt wie das Känguru seinen Beutel“, sagt die Wirtschaftsjournalistin Kerstin Bund.

Auch der lebenslange Arbeitsplatz ist für Millennials nicht attraktiv. Wenn ihnen das Angestelltenleben nicht passt, werden sie ruckzuck als Freelancer oder Startup aktiv. Und wenn sie in einem Unternehmen bleiben, dann favorisieren sie wechselnde Positionen, in denen sie sich genauso intuitiv ausprobieren, wie sie es mit digitalen Anwendungen tun.

Wie die Netzwerkkinder konsumieren und kaufen

Wer mit digitalen Anwendungen groß geworden ist, akzeptiert einfach nicht, dass sich ein Unternehmen damit schwertut. Ältere Generationen gehen mit Prozessproblemen gnädiger um, denn früher hatten sie keine andere Wahl. Sie waren den Launen der Anbieter hilflos ausgeliefert, denn die saßen am längeren Hebel. Doch diese Zeiten sind längst vorbei.

Jetzt liegt die Macht bei den Digital Natives. Mit ihren Aktionen können sie über Leben und Tod eines Anbieters entscheiden („Schaut mal, was ich gesehen habe, vielleicht gefällt es euch auch.“). Wer in ihren Augen versagt, wird nicht nur abserviert, sondern auch vorgeführt. Sie verehren ihre Lieblingsmarken mit Inbrunst und erzählen dies lautstark der Welt.

Aber, so der Digital Native und Buchautor Philipp Riederle: „Wenn Ihr uns kriegen wollt, müssen wir erst Eure Fans werden können.“ Sind ihre Erfahrungen positiv, teilen sie diese oft und gern, damit andere sie ebenfalls machen können. Wen sie jedoch hassen, den möchten sie am liebsten zerstören.

„Kauft bloß nicht bei …., die haben mich voll über den Tisch gezogen“, schreien sie auf allen Kanälen. Und ihr ganzes Netzwerk folgt diesem Schlachtruf, um vor Schaden sicher zu sein. Gemeinsam schwört man sich, nie mehr dorthin zu gehen. So lieben und hassen sie das, was ihre Netzwerke lieben und hassen.

Digital fit oder unfit? „Den“ Digital Native gibt es nicht

GenX, GenY und GenZ: Natürlich sind solche Bezeichnungen nur Hilfskonstrukte, weil man nicht alle Menschen, die in einem beliebig gewählten Zeitraum geboren wurden, in die gleiche Schublade stecken kann. Dennoch sind gelebte Ereignisse in der Phase der frühen Jugend sehr persönlichkeitsprägend und bilden einen gemeinsamen Sozialcharakter.

Auch die Unterscheidung zwischen Digital Natives und Digital Immigrants ist kritisch. Es gibt 80-Jährige, die sehr aktiv mit Smartphone, Tablet-Computer, Facebook & Co. hantieren, und es gibt 30-Jährige, die sich dem Web fast völlig verweigern. Manch 50-Jähriger ist im Umgang mit digitalen Tools besser als ein 20-Jähriger.

So lässt sich sagen: „Den“ Digital Native gibt es nicht. Viel eher könnte man mit einem Kontinuum zwischen digital fit und digital unfit operieren. Denn sowohl in ihren Styles als auch beim digitalen Agieren sind die Menschen heterogener als jemals zuvor.

Bislang haben ältere Semester teils noch Mühe, das digitale Leben des Jungvolks ganz und gar zu verstehen. Doch das ist alles im Fluss. Demnächst werden wir wohl Abhandlungen brauchen, die den älter werdenden Digital Natives erklären, wie die verbliebenen Analog Seniors ticken – und wie man in der nichtdigitalen Vergangenheit überhaupt überleben konnte.

Viel mehr zum Thema finden Sie in meinem neuen Buch Touch. Point. Sieg.

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