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Der beste Weg zu neuen Mitarbeitenden

Es passiert oft, erst letzte Woche hab ich’s in einem Workshop wieder erlebt: Viele Führungskräfte waren noch nie auf einschlägigen Arbeitgeberbewertungsportalen, um zu erfahren, was die Mitarbeitenden über die Firma denken. Dabei sollte jeder Leader die Meinungsbildung auf solchen Portalen genauso im Auge behalten wie die Umsatzzahlen und die Geschäftskorrespondenz. Und nicht vergessen: Kunden, Investoren und Journalisten lesen solche Bewertungen auch.

Früher wurde das, was die Öffentlichkeit von einem Arbeitgeber erfahren sollte, über sorgsam formulierte Pressemitteilungen, Hochglanzbroschüren und Personalmarketing geschönt und gesteuert. Was sich hinter den Firmenfassaden aber tatsächlich begab, gelangte nur vereinzelt nach draußen: Wenn jemand in seinem persönlichen Umfeld von einem Vorfall erzählte, oder wenn etwas zu den Medien drang. Das ist nun ganz anders.

Die Macht der Mitarbeitenden durch WOM (Word of Mouth)

Neue, gute Mitarbeitende und Top-Talente findet man immer seltener durch klassische Rekrutierungsmaßnahmen, sondern vor allem durch WOM (Word of Mouth), wirkungsvolle Mundpropaganda. Indem die Beschäftigten ihre Erfahrungen in ihren Netzwerken ausgiebig teilen, sorgen sie unter anderem auch dafür, dass neue, gute, passende Zukunftsgestalter bei Ihnen arbeiten wollen.

Heutzutage ist es ein selbstverständlicher Teil unserer Lebenswelt, Meinungen, Hinweise und Ratschläge auf passenden Websites zu teilen. Dies ist die neue Art, Anerkennung zu gewinnen und sich in seinem sozialen Umfeld Reputation aufzubauen. Dabei berichten die Beschäftigten auch über Interna im Web. Sie sind zu Botschaftern ihrer Arbeitgeber geworden. Und die Unternehmen haben keinerlei Kontrolle darüber, was den Agoras der Neuzeit im Cyberspace alles anvertraut wird.

So entscheiden die eigenen Mitarbeiter:innen, enttäuschte Bewerber und Ehemalige maßgeblich mit, wer die besten Talente gewinnt. Zudem kann heute jeder Externe über die sozialen Netzwerke mit nahezu jedem Mitarbeitenden direkt in Verbindung treten, ganz egal, in welcher Abteilung der sitzt, und egal auch, ob das dem Management passt oder nicht. „Sei wirklich gut, und bring die Leute dazu, dies vehement weiterzutragen“, so lautet das neue Businessmantra.

Auch die moralische Bilanz muss fortan stimmen

Das Internet ist wie eine gigantische öffentliche Podiumsdiskussion. Die „Leichen“ liegen heute nicht mehr im Keller, man findet sie in den Weiten des Web. Zudem gibt es Wayback-Maschinen, also Webarchive, die die Vergangenheit einer Website nachprüfbar machen. Und wo ein Empörungswille ist, schlägt dieser schnell Wellen. Wer lügt und betrügt, wer seine Leute wie ein Berserker behandelt oder Raubbau an der Umwelt betreibt, wird lautstark an den Online-Pranger gestellt.

Nicht nur das Zahlenwerk, auch die ökologisch-soziale Bilanz muss also stimmen. Längst wird das zweifelhafte Innenleben eines Anbieters durch kollektive Nichtkäufe bestraft. Und die besten Kandidaten kehren reputationsschwachen Firmen den Rücken, noch ehe es zu einem ersten Kontaktversuch kommt. Durch verärgerte Beschäftigte und ihre Aktivitäten im Web kann man zudem eine Menge Umsatz verlieren. Alles hängt heute eng miteinander zusammen.

Schein und Sein werden im Internet gnadenlos offengelegt. Und bevor man hört, was ein Unternehmen selbst über sich sagt, lauscht man denen, die aus erster Hand berichten. Anstatt also Sonntagsreden zu schwingen, sich aufzuhübschen und in teuer bezahlte Employer-Branding-Kampagnen zu investieren, sollten Organisationen viel mehr dafür tun, dass es drinnen bei ihnen stimmt. Wer da durchfällt, erhält von qualifizierten Aspiranten niemals mehr Post.

WOM zieht gute Bewerber:innen wie magisch an

Die Einzigen, die in einer vernetzten Gesellschaft glaubwürdig für Vertrauen sorgen und sogar Vertrauensverluste wieder heilen können, sind die, die wissen, wie es hinter den Firmentoren tatsächlich läuft: Ihre Mitarbeiter:innen. Sie wollen, dass diese als Fürsprecher für Ihr Unternehmen fungieren? Dann sorgen Sie dafür, dass die Leute tollen Gesprächsstoff haben, den sie unbedingt mit ihren Netzwerken teilen wollen. Genau das ist ein geradezu unwiderstehlicher Lockstoff für profilierte Topkandidaten.

WOM zieht Talente wie magisch an. Vor allem die veränderungswilligen Young Professionals werden zuerst die O-Töne Dritter im Web ansteuern. Google nennt sie die „Zero Moments of Truth“ (ZMOT). Dies sind die Momente der Wahrheit vor dem ersten direkten Kontakt, die schonungslos offenbaren, was die Versprechen im Bewerbungsgespräch tatsächlich taugen. Sie erzählen von den Bewährungsproben, die ein Arbeitgeber bereits erfolgreich gemeistert hat – oder auch nicht.

Übrigens favorisieren auch die Algorithmen der Suchmaschinen das, was die Menschen über ein Unternehmen sagen, und bringen es ganz weit nach vorn auf die Trefferlisten. So kommen im Rahmen einer Recherchephase plötzlich auch Firmen auf den Schirm, die die Aspiranten zunächst gar nicht im Auge hatte. Vor allem aber: Vor maroden Arbeitsbedingungen, einem miesen Klima, entgleister Moral und schlechten Führungsmanieren können sie rechtzeitig die Flucht ergreifen.

Shareability: Was sich im Web weiterverbreitet

„Würden die Menschen so etwas gern teilen?“ ist die wesentliche Anforderung für jede Art von WOM. Und die Betonung liegt dabei auf gern. Niemand wird eine Botschaft weiterverbreiten, wenn sie nichtssagend oder langweilig ist. Die Grundmotive der Menschen für Mundpropaganda und das Streuen von Erfahrungsberichten sind diese:

  • Hilfsbereitschaft und Altruismus: Man will sich nützlich machen, anderen helfen, sie vor Schaden bewahren oder ihr Wohlwollen erlangen.
  • Profilierung und Statusaufbau: Man will zeigen, in welch tollem Unternehmen man beschäftigt ist und hierdurch auch sein Selbstbild nähren.
  • Kontaktpflege und Zugehörigkeit: Man leitet Inhalte weiter, um Kontakte nicht abreißen zu lassen oder Diskussionen in eigenen Netzwerken anzuregen.
  • Gestaltungswille und Sinn: Man möchte mit seinem Tun die Dinge, die einem am Herzen liegen, mitgestalten, verändern oder verbessern.
  • Wut, Hass und Rachegelüste: Man sucht nach einem Ausgleich für erlittenes Übel, will warnen oder durch sein Weitererzählen der Firma schaden.

Sich Dritten gegenüber als Übermittler reizvoller oder nützlicher Inhalte zu präsentieren, ist für viele Menschen eine Form der Belohnung. Zudem bietet es die Möglichkeit, Sozialkapital aufzubauen und Anerkennung zu erlangen.

Mundpropaganda: oft nicht öffentlich sichtbar

Jeder Mensch hat eine Grundveranlagung, Inhalte zu teilen. Inwieweit er das dann tatsächlich tut, hat auch mit seiner Intro- oder Extravertiertheit zu tun. Zudem ist die 90-9-1-Regel von Usability-Berater Jakob Nielsen von Belang. Demnach ist nur ein Prozent der User in den Web-Communitys superaktiv, neun Prozent sind punktuell Beitragende und 90 Prozent folgen dem digitalen Austausch ganz und gar passiv.

Schließlich ist zu beachten, auf welche Weise die Menschen Inhalte teilen. Denn nicht alles wird öffentlich sichtbar. Vielmehr verlagert sich das Social Sharing immer mehr in Richtung „Dark Social“. Die Inhalte werden also nicht öffentlich über die einschlägigen sozialen Netzwerke geteilt, sondern direkt über Messenger wie WhatsApp. Oder sie landen auf Snapchat, wo sie dann gleich wieder verschwinden. Hinzu kommt die mündliche Weitergabe, die nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert hat.

Dabei gilt: Je emotionaler, desto viraler. Je mehr Emotionen eine Begebenheit auslöst, desto schneller macht sie die Runde. Also: Stellen Sie solche Inhalte, im Fachjargon Content genannt, zur Verbreitung auf Ihrer Website und Ihren Social- Media-Präsenzen bereit. Das können Geschichten, Fotos und Videos sein. Installieren Sie rechtskonforme Social-Media-Plug-ins, also Share- und Like-Klickfelder direkt beim jeweiligen Content. Laden Sie dann Ihre Mitarbeiter ein, Passendes aktiv zu teilen.

Und was ist mit Arbeitgeber-Bewertungsportalen?

Arbeitgeberbewertungsportale zählen für gute neue Leute zu den ersten Anlaufstellen. Allein auf der Plattform Kununu finden sich an die 6.1 Millionen Bewertungen zu 1.1 Millionen Unternehmen. Was man dort liest, ist bisweilen erschütternd. Auch wenn die Einträge ganz und gar subjektiv sind: Dank solcher Bewertungsportale können sich potenzielle Bewerber:innen im Vorfeld ein Bild vom Inneren einer Firma machen und einen Eindruck darüber gewinnen, ob das Unternehmen zu ihnen passt oder nicht.

Natürlich haben solche Meinungsportale auch für Unternehmen ihr Gutes. Sie zeigen ein ungeschminktes Stimmungsbild der Mitarbeitenden. Das sind nur Einzelmeinungen? Jede Meinung ist wertvoll, wenn sie differenziert ist und die bewerteten Aspekte ausführlich beschreibt. Verbesserungsbedarf, den intern vielleicht niemand ansprechen mag, kann so identifiziert und dann schleunigst aus der Welt geschafft werden. Man hat das Übel endlich (!) bei der Wurzel gepackt – und der Recruitingerfolg steigt erheblich.

 

 

 

 

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