Das übliche „grüne“ Storytelling ist meist viel zu faktenlastig und vor allem auch viel zu komplex. Zahlen, Daten und Fakten sind Schwerstarbeit für unseren Denkapparat. Emotionale Geschichten und alles Menschliche hingegen haben einen sehr hohen Stellenwert und bekommen Vorfahrt im Kopf. Deshalb gilt:
Facts tell. Stories sell.
Fakten berichten, Geschichten bewegen und verkaufen gut. Zudem gilt:
Je emotionaler, desto viraler.
Meisterliches Storytelling ist somit ein entscheidendes Element, wenn es um Sustainability-Maßnahmen geht. Es nimmt uns die Angst vor dem Unbekannten. Es erzählt, wie eine grüne Neuheit sich in unser künftiges Leben integriert und welchen Nutzen uns allen das bringt.
Geschichten setzen Emotionen in Gang. Und Emotionen laufen jeder Entscheidung voraus. Die üblichen Narrative von Verzicht, Druck und Zwang müssen schleunigst verschwinden, denn davon fühlen sich die Menschen bedroht. Die Botschaft, die nun weitläufig Fuß fassen und rege wiederholt werden muss, lautet vielmehr so:
Grünes Handeln ist das neue Normal.
Grünes Handeln ist lifestylig, clever und cool. Es lässt uns gesünder leben, macht uns körperlich und geistig fitter. Umweltbewusstsein ist das neue Statussymbol. In späteren Beiträgen dazu viel mehr. Zunächst ein kleines Maßnahmenpaket:
Grünes Storytelling ist Pflicht
Viele Nachhaltigkeitsmaßnahmen sind für ein unterhaltsames Storytelling geradezu prädestiniert. Setzt wortgewaltig in Szene, welche grünen Erfolge den Mitarbeitenden gelangen, wer mit euren zunehmend grünen Produkten zu tun hat und auf welch spannende Weise sie eingesetzt werden. Der voyeuristische Blick hinter die Kulissen kann besonders reizvoll sein. Und in jedem Unternehmen gibt es Originale, die fantastisch erzählen können.
Stellt solche Inhalte vor allem auf der eigenen Website ein. Dies ist bei der mobilen Suche lesefreundlicher als ein PDF. Zudem lassen sich in dieser Form auch Videos und Animationen integrieren. Ferner wird der Content so von den Suchmaschinen indexiert, wodurch der Traffic steigt. Überdies können einzelne Aspekte dann auch leicht in die sozialen Netzwerke fließen. Schließlich kann via Analytics festgestellt werden, welche Inhalte für die User am interessantesten sind.
Interne Sustainability Ted Talks
Hierbei stellen Mitarbeitende ihre Nachhaltigkeitsprojekte in Anlehnung an das Ted-Talk-Format vor, zum Beispiel einmal im Monat vor der gesamten Firma im Rahmen eines Anlasses, zu dem sich jeder auch virtuell zuschalten kann. Die Themenangebote für solche größere Events werden im Intranet vorgestellt. Per Voting wird entschieden, welche davon breites Interesse finden und folglich auf die Bühne kommen.
Eine Intervention, also eine Vorführung oder ein Impulsvortrag, dauern maximal 15 Minuten. Sie sollte möglichst lebendig und frei von Fachjargon sein. Danach ist fünf Minuten Zeit für Fragen. Im Anschluss können bilaterale Gespräche für eine weitere Vertiefung sorgen, wenn es starkes Interesse an einem Thema gibt. Der Talk wird aufgezeichnet, so dass er jederzeit auf einer firmeninternen Plattform abrufbar ist.
Sustainability Mentoring
Beim Sustainability Mentoring coacht abteilungsübergreifend ein „Nachhaltigkeitsprofi“ einen „Nachhaltigkeitsneuling“ auf solchen Themengebieten, die für das Unternehmen interessant und wichtig sind. Ziel ist es, die „grüne“ Fitness der Firma insgesamt zu erhöhen, indem herkömmliche Produkte, Prozesse und Arbeitsweisen möglichst rasch an die Erfordernisse der Zukunft angepasst werden.
Digitale und „grüne“ Themenfelder hängen dabei oft zusammen, weil zum Beispiel KI, 3D-Druck, Digitale Zwillinge und Robotik nachhaltige Vorgehensweisen massiv unterstützen können. Sustainability Mentoring eignet sich besonders auch für Mitglieder des Top-Managements, weil diese sich in allgemeinen Weiterbildungsveranstaltungen nicht wohlführen würden, und diese aus Statusgründen auch nicht besuchen.
Hackathons für das Klima
Hackathons, eine Wortschöpfung aus Hack und Marathon, sind Events zur konzentrierten gemeinsamen Lösung von Aufgabenstellungen mit sehr engem Zeitplan. So kommt man zu hocheffizienten Ergebnissen oft in der Hälfte der Zeit.
Zum Beispiel entwickelten beim Baltic Sea Region Hackathon 2025 mehr als 50 Teilnehmende aus zehn Ländern praxisnahe Prototypen: unter anderem smarte Energielösungen für den Energieverbrauch von Haushalten, eine App, die das Ankommen in einer neuen Stadt vereinfacht, eine App, die den Zugang zum Gesundheitswesen erleichtert, die App Sealink zur Vernetzung von Gründern mit Geldgebern und eine interaktive Klimakarte für den Ostseeraum.[1]
Jams für mehr Nachhaltigkeit
Die Suche nach Klima- und Umweltschutzaktivitäten lässt sich auch in ganz großem Stil organisieren, um in weitverzweigten Organisationen alle Interessierten einzubinden. Das passiert zum Beispiel im Rahmen von Jams. Jams sind Online-Veranstaltungen, die auf speziellen Jam-Plattformen weltweit stattfinden können.
Dabei diskutieren die Teilnehmenden in moderierten Foren und bringen ihre Ideen ein. Software kanalisiert die Themen über Bewertungen, Rankings und Diskussionsintensität. Solche Jams finden in virtuell begehbaren Räumen statt, wo fortan auch die Avatare der Teilnehmer:innen zusammenkommen können.
Zum Beispiel trafen sich unter dem Titel „Tomorrowcraft – Global Sustainability Game Jam“ interessierte Akteure und Game-Designer aus der ganzen Welt drei Tage lang online, um in interdisziplinären Teams innovative Spiel-Prototypen zum Thema nachhaltige globale Entwicklung zu erschaffen. [2]
Externalitäten eliminieren
Die Wirtschaft ist bislang vor allem auf Kosten der Umwelt gewachsen. Hat ein Anbieter bislang auf Kosten des Gemeinwohls externalisiert, die Natur ruiniert, Menschen wissentlich ausgebeutet, Fördermittel missbraucht, stoppt man das besser sofort. Die Transparenz ist inzwischen dermaßen groß, dass unethisches Handeln die Unternehmen immer teurer zu stehen kommt. Kunden, Beschäftigte und Finanzpartner wenden sich ab. Zudem ist künftig mit Klagen und hohen Bußgeldern zu rechnen.
Insbesondere haben auch Digitalunternehmen erheblichen Handlungsbedarf. Sie verbrauchen durch Serverbetrieb, Videostreaming und das Intensivtraining ihrer KI-Modelle Unmengen an Energie. Sie lassen Klickworker unter erbärmlichen Bedingungen für sich schuften. Sie betreiben Raubbau an den Daten der Menschen. Und sie haben jede Menge neue Externalitäten erzeugt: Hasspostings, Fake News, Gewaltverherrlichung, Kinderpornografie, Hackerangriffe, Wahlbetrug, Cybermobbing, Cyberverbrechen. Das ist ihre Art von „Umweltverschmutzung“.
Everything as a Service (XaaS)
Was wir Wertschöpfung nennen, ist in Wirklichkeit eine systematische Wertevernichtung. 93,1 Prozent aller weltweit verbrauchten Rohstoffe, so der Circularity Gap Report 2025, werden derzeit zu Abfall gemacht und größtenteils umweltschädlich entsorgt.[3] Das ist sogar mehr als in den Jahren zuvor. Doch weil die Hersteller für Umweltverschmutzung, Klimaschäden und Rohstoffzerstörung noch immer nicht aufkommen müssen, ist ihnen das egal. Schlimmer noch: Je mehr Produkte rasch zu Abfall werden, desto mehr kann ein solcher Anbieter verdienen.
Mit XaaS lässt dieses wertevernichtende System komplett umgestalten. Dabei übernimmt der Hersteller die Verantwortung für seine Produkte: für deren Gestaltung und Funktionsweise, für die Materialien, aus denen sie bestehen sowie für die Wiederverwendung am Ende des Produktlebenszyklus.
Er wird seine Produkte also von Anfang an so konstruieren, dass sie mehrere Zyklen durchlaufen können, entweder als komplettes Produkt, in dessen Einzelteilen oder durch den Weiterverkauf der noch brauchbaren Elemente. Kaum etwas landet dann noch im Müll, es wäre ja sein Geld, das er vernichtet. XaaS-Modelle sind somit ein wesentlicher Beitrag für eine lebenswerte, regenerative Zukunft.
Viel mehr zu Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen finden Interessierte in meinen vorangegangenen Blogbeiträgen – und in meinem aktuellen Buch „Zukunft meistern“.
[1] https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/I/_startseite/Artikel2025/III/250728_hackathon
[2] https://www.deutschland.de/de/topic/politik/nachhaltigkeit-durch-games-serious-games-als-lernplattformen
[3] https://www.efa.nrw/aktuell/details/circularity-gap-report-2025-globale-kreislaufwirtschaft-weiter-ruecklaeufig-handlungsbedarf-auch-in-deutschland