Schon gleich vorweg: Alle Geldentscheidungen sind in Wirklichkeit emotionale Entscheidungen – denn Geld ist eine hochemotionale Sache. Bei Männern dient es vorzugsweise dazu, ihren Status aufzupolieren. Wie das? Tiere kämpfen, um festzustellen, wer der Stärkere ist.
Männer regeln das über teure Uhren, dicke Autos, Maßanzüge und einen Weber-Grill. All dies sind – neben Bildung, Expertise und Kennerschaft – Requisiten zur Inszenierung eines erfolgreichen Lebens. Doch in der jungen Generation verlieren die alten Statussymbole an Kraft. Stattdessen macht Eindruck, wer sich digital hochgerüstet hat.
Denn mobile Devices sind die neuen Waffen des Mannes. Diese müssen natürlich technisch auf dem neuesten Stand und jederzeit einsatzbereit sein. So verbringt man mit deren Pflege viel Zeit. Selbstverständlich zeigt man auch gern, dass man seine „Waffen“ beherrscht.
Der Zweikampf im Hirn
Doch ganz egal, was man kauft, immer findet im Hirn ein Zweikämpfchen statt. „Kauf das doch endlich!“ fordert das ungeduldige Belohnungszentrum. „Das ist aber viel zu teuer!“ jammert die Vernunft. So zaudert unser Oberstübchen zwischen dem Verlangen nach einem Produkt und dem Verlustempfinden für Geld.
Hierbei wird ein Hirnareal aktiviert, das auch für die Schmerzverarbeitung zuständig ist: die Insula. Sich von Besitz und damit auch von Geldscheinen trennen zu müssen, tut tatsächlich weh. Bei Kreditkarten- und Cybergeld ist das Schmerzempfinden schon weit weniger hoch, auch, weil die Kosten sich in die Zukunft verlagern.
So werden raffinierte Anbieter alles daran setzen, den Bezahlvorgang noch schmerzfreier zu machen. Kassenschlangen wird es bald nicht mehr geben. Die in den Produkten eingebauten Chips werden sich direkt beim Smartphone melden, das dann für die Bezahlung sorgt.
Bei Austauschbarkeit entscheidet der Preis
Je stärker das emotionale Nutzenversprechen, desto nebensächlicher wird der Preis. Wenn ein Unternehmen jedoch nichts Außergewöhnliches zu bieten hat, wenn seine Produkte austauschbar sind und wenn es am Service krankt, entscheidet der Preis.
Dann soll es wenigstens billig sein. So trösten wir uns mit Sonderangeboten oder Rabatten über emotionale Mängel und Enttäuschungen hinweg; das Wort „Trostpreis“ bekommt dann eine ganz andere Bedeutung. Was aber einzigartig ist, was uns betört und begeistert, darf ruhig etwas teurer sein.
Preisaktionismus führt in die Todeszone
Von Schnäppchen kann unser Hirn nie genug bekommen. Dennoch bleibt es latent unzufrieden. Denn wer weiß? „Vielleicht wäre noch mehr drin gewesen“, denken wir gierig und verlangen beim nächsten Mal noch niedrigere Preise. Viele Verkäufer sind reine Preisverkäufer. Ihre Verkaufsgespräche drehen sich nur um den Preis.
Doch erstens: Billig verkaufen, das kann das Internet auch. Und zweitens: Wer immer nur über Preise spricht, der braucht sich nicht zu wundern, wenn die Kunden nur noch nach den Preisen fragen. Wer nichts weiß, macht es über den Billigpreis, und: Wer vom Preis lebt, stirbt mit dem Preis.
Wenn Preise mit uns reden
Oft sind es die falschen Glaubenssätze, aufgrund derer wir die falschen Dinge tun. „Kunden sind Rosinenpicker, sie sind immer dort, wo die besten Konditionen sind“, höre ich zum Beispiel die Verkäufer sagen. Wer so was glaubt, der wird versuchen, alles über Billigangebote zu steuern. Und dann bekommt er am Ende genau die Kunden, vor denen er sich am meisten fürchtet: die Rosinenpicker.
Preisaktionen wirken zwar, aber sie machen nicht treu. Wer nichts weiter zu bieten hat als Tiefstpreise und Sonderposten, der erzeugt höchstens eins: die Loyalität zum Schnäppchen. Doch Schnäppchenjäger sind Kaufnomaden. Sie kommen nur der günstigen Preise wegen. Gibt es diese mal nicht, ziehen sie schleunigst von dannen. So erklärt sich auch die geringe Kundenloyalität in Märkten, die sich im ständigen Preiskampf befinden.
Preisdumping kann lebensbedrohlich sein
Und klar ist wohl auch: Nicht jeder Kunde will billig kaufen. Der Billigpreis spielt oft eine viel geringere Rolle, als uns Medien und Verkäufer glauben machen. „Billig-Billig“ ist mit einem Verrohen der Sitten, mit einem Verfall von Dienstleistungsqualität (Service ist teuer!) und mit Vertrauensschwund (“Hätte ich das nicht irgendwo, nächste Woche noch billiger bekommen können?”) verbunden.
Preisdumping kann sogar lebensbedrohlich werden: für den Konsumenten – und für das Unternehmen. Denn in vielen Branchen ist der Preis der Ertragstreiber Nummer eins.
Die meisten Firmen beherrschen allerdings weder Kosten noch Preise, sondern werden von den Preisen beherrscht, die der Markt oder die Konkurrenz vorgeben. So liefern sich ganze Wirtschaftszweige Preisschlachten mit verheerendem Ausgang. Doch Preisdumping ist nur ein Ausdruck von Ideenlosigkeit und mangelhafter Beschäftigung mit dem, was die Kunden wirklich bewegt – rational und emotional.
Schnäppchen können den Preisschmerz besiegen
Sonderpreisaktionen, Rabattsymbole und Schnäppchen stellen für unser Gehirn eine Belohnung dar. Es handelt sich quasi um Beute. Doch Beute ist rar. Futterneid kommt noch hinzu. Wollen andere etwas unbedingt haben, steigert dies den Jagdtrieb erheblich. Knappheit verstärkt diesen Effekt.
Deswegen heißt es im Konsumentengehirn: Auf in die Schlacht, jetzt oder nie! So erklärt es sich auch, weshalb die Vernunft bei Schnäppchen so häufig versagt und wieso man Kunden mit Schnäppchen geradezu willenlos machen kann: Sie können den Preisschmerz besiegen.