In einer Welt, in der sich alles miteinander vernetzt, müssen auch alle im Unternehmen miteinander vernetzt sein – über Ressort- und Hierarchiegrenzen hinweg. Optimale Ergebnisse entstehen durch Co-Kreativität und kollaborative Zusammenarbeit. Und genau das fällt uns eigentlich leicht, denn Menschen sind Gemeinschaftswesen. Wir arbeiten nicht nur für uns selbst, zu unserem alleinigen Wohl, sondern immer auch für andere in unserem Umfeld, um mit ihnen gemeinsam zu siegen.
Kollaboration stärkt die ganze Gemeinschaft
Wir brauchen die Nähe, den Schutz und die Geborgenheit einer Gemeinschaft. Isolation, der „soziale Tod“, gehört zu unseren schlimmsten Ängsten, weil dies uns schutzlos macht. „Du bist nicht allein“ ist wohl das Tröstlichste, was wir einem Menschen sagen können. Der faule, unkooperative, eigenbrötlerische Mensch ist die Ausnahme. Kooperation ist die Regel. Für die allermeisten ist es ein Alptraum, sozial bedeutungs- und nutzlos zu sein. Sich eingebunden zu fühlen und gemeinsam etwas Wertvolles zu erschaffen, das erfüllt uns mit Freude und Stolz.
Die Hypothese vom Homo oeconomicus hingegen, der selbstsüchtig agiert und rein rational nach seinem eigenen Nutzen trachtet, ist eine traurige Erfindung weltfremder Wirtschaftsökonomen, eine anthropologische Lüge – und längst widerlegt. Wer einer Sache dienen kann, die größer ist als er selbst, die sinnvoll ist, die Bedeutung hat und Altruismus ermöglicht, empfindet tiefstes Glück. Wenn der Mensch neben einem glücklich ist, fühlt man auch sich selbst glücklich. Das stärkt die ganze Gemeinschaft.
So geht Zukunft: Kollaboration statt Konkurrenz
Komplexe Aufgaben lassen sich nur gemeinsam gut lösen. Wir müssen enger zusammenrücken als je zuvor. Die großen Herausforderungen der Zukunft können nur im Miteinander bewältigt werden. So gilt es, in den Unternehmen Strukturen zu schaffen, die es begünstigen, kollaborativ zu denken und zu handeln. Dafür braucht es inspirierende Multi-Space-Arbeitsräume, Social Collaboration Tools, eine interne soziale Plattform (Enterprise Social Network) und eine Kultur des Teilens.
Wir müssen uns endgültig von dem Gedanken trennen, das interne Konkurrenz zu den besten Ergebnissen führt. Ein anderer muss nicht verlieren, damit man selbst gewinnt. Konkurrenz strebt eine Win-Lose-Situation an, Kollaboration hingegen Win-Win. Wenn es zum Beispiel in einer Organisation 20 Vertriebler gibt und alle teilen ihren besten verkäuferischen Tipp miteinander, dann profitiert jeder von 19 weiteren exzellenten Ideen. Und davon wiederum profitiert auch das Unternehmen als Ganzes.
Am besten crossfunktional und interhierarchisch
Eine Gemeinschaft kommt weiter, wenn sie friedvoll, offen, ehrlich und auf Augenhöhe miteinander umgeht und jeden miteinbezieht. Das ist ja wohl sonnenklar? Ganz und gar nicht! In größeren klassischen Organisationen stehen die einzelnen Bereiche ebenso wie deren Mitarbeitende in Konkurrenz. Sie werden gegeneinander evaluiert und erhalten incentivierte Einzelziele. In solchen Umgebungen wuchern Selbstsucht, Machtkämpfe, Grabenkriege, Intrigen, Mauscheleien, Lug und Trug.
Einzelboni sind Isolierungsmaßnahmen, durch die das Gemeinsame stirbt. Diejenigen profitieren, die unkooperativ sind, ihren Besitzstand schützen und ihr Wissen für sich behalten. Ein System, das Egoismus belohnt, erzeugt Egoisten. Nur noch das, wofür es Boni gibt, wird gemacht. Anderes, Besseres, Wünschenswerteres nicht. Deshalb gilt es fortan, eine Kultur zu fördern, die den Fokus auf gemeinschaftlichen Erfolg legt, also eine Kultur, die Kooperation belohnt – und nicht ichbezogene Bestandssicherung.
Top-Ergebnisse durch die „Weisheit der Vielen“
Zwar ist die Expertise der einzelnen Mitglieder einer Gruppe von hoher Bedeutung, um gute Ergebnisse zu erzielen, doch das Zusammenbringen von Wissen, Können und kollektiver Intelligenz spielt eine noch viel größere Rolle. Innovationen entstehen am ehesten dann, wenn sich Menschen quer durch die gesamte Firma über die Zukunf.t des Unternehmens Gedanken machen, und wenn man jeden hilfreichen Vorstoß integriert, ganz egal, aus welcher Ecke er kommt. Die unsichtbaren Wände zwischen den Abteilungen müssen fallen und die Zuständigkeitsdenke muss weg, damit ein Zusammenwirken reibungslos klappt.
Hierfür favorisiere ich den Begriff der „Weisheit der Vielen“. Darunter versteht man eine sich mehr oder weniger selbst organisierende gemeinschaftliche Intelligenz, die jenseits von Abschottung, Ressort-Egoismen, Bürokratie und Machtautoritäten eine Vielfalt von Innovationen hervorbringen kann. Einen zweiten gebräuchlichen Terminus in diesem Zusammenhang, den der Schwarmintelligenz, nutze ich nicht, denn leider gibt es ja auch sehr dumme, lärmende, fehlgeleitete Schwärme.
Gedankenrohlinge reichlich mit anderen teilen
Nicht in der Isolation, sondern gemeinsam und mit einem weiten Gesichtsfeld gelingt es am besten, Ideen zu entwickeln, die zuvor noch niemand hatte, und auf die man allein nicht gekommen wäre. Die Meinungsvielfalt der einzelnen Mitglieder und eine Öffnung für die unterschiedlichsten Denkweisen führen zu Variantenreichtum, zu Co-Kreativität, zu Experimentierfreudigkeit und einer spannenden Neukombination von Möglichkeiten. Außerdem steigt die Durchdringungstiefe. Viele können viele weitere „entzünden“.
Der beste Output entsteht selbst bei jedem einzelnen dann, wenn wir unsere Einfälle wertschätzend mit anderen teilen. Jeder Gedanke wird klüger, schärfer, präziser, brillanter, wenn man ihn ausgiebig bespricht. Dritte helfen, herauszufinden, woran man selbst nicht gedacht hat. Austausch mit Substanz bringt einen immer weiter. So kann sich aus einer simplen Idee, gut angereichert, schließlich etwas Großartiges formen.
Kollaboration braucht psychologische Sicherheit
Die Vorteile solcher Meinungsdiversität können aber nur dann ausgeschöpft werden, wenn es „psychologische Sicherheit“ gibt. Dabei geht es um die Wahrnehmung jedes Einzelnen in einer Gruppe, keine zwischenmenschliche Angst haben zu müssen und sich am Arbeitsplatz emotional sicher zu fühlen. In einer solchen Umgebung fällt es den Menschen leicht, sich voll und ganz einzubringen.
Sie sagen offen ihre Meinung, experimentieren mit neuen Vorgehensweisen, reden über ihre Fehler, holen Feedback ein und bitten um Hilfe. Je sicherer die Atmosphäre, desto mutiger sind die Taten. Mit diesem Konzept errang die Harvard-Professorin Amy Edmondson im Jahr 2021 Platz eins im globalen „Thinkers50“ Ranking.
Zu klugen Entscheidungen kann eine Gruppe außerdem nur dann kommen,
- wenn jeder Teilnehmende in seiner Meinungsbildung unabhängig ist,
- wenn jeder Zugang zu allen entscheidungsrelevanten Informationen hat,
- wenn jeder seine Meinung frei äußern darf und respektvoll angehört wird,
- wenn man sich autoritätsfrei auf ein passendes Vorgehen einigen kann.
Co-Kreativität entfaltet sich bei realen Treffen
Damit sich Kreativität voll entfalten kann, muss sich die Gruppe treffen können – unbedingt auch real. Menschen arbeiten am besten zusammen, wenn sie sich sehen. Warum das so ist? Physische Nähe erzeugt mehr emotionale Zugkraft als virtuelle Distanz. Zudem zeigt sich in Gestik und Mimik die wahre Gesinnung. Ein gutes Intuitionsradar kann das spüren und decodiert friedliche Absichten – und Ruchlosigkeit.
Körpersprachliche Signale werden am ehesten dann entschlüsselt, wenn alle Sinne beteiligt sind. Besonders Empathie glückt besser bei räumlicher Nähe. Auch Vertrauen, der Komplexitätsreduzierer par excellence, braucht Präsenz. Wen wir nicht persönlich kennen, dem vertrauen wir eher nicht. Hemmschwellen sinken in der Anonymität und mit zunehmender Distanz. Hingegen verändert Nähe und dabei vor allem Augenkontakt das Verhalten der Menschen zum Guten.
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