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Der Net Promoter Score (NPS) im Management: Die vorstandstaugliche Kennzahl

Den Net Promoter® Score (registered trademark of Satmetrix Systems, Inc., Bain & Company and Fred Reichheld) hat der amerikanische Loyalitätsexperte Fred Reichheld entwickelt. Diese Kennzahl, meist NPS genannt, hat einen weltweiten Siegeszug angetreten, weil sie als „vorstandstauglich“ gilt.

Sie gibt an, wie kundenzentriert ein Unternehmen ist. Wenn man es richtig macht, ist sie auch im Touchpoint-Management wertvoll, weil sich für jeden Touchpoint, an dem es zu einer Kommunikationssituation zwischen Kunde und Anbieter kommt, ein Touchpoint-NPS (TNPS) ermitteln lässt. Dazu wird folgende Frage gestellt:

„Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie uns einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen?“

Die Antwort wird auf einer Skala von null (höchst unwahrscheinlich) bis zehn (höchst wahrscheinlich) eingetragen. Die Befragten lassen sich in drei Gruppen einteilen: Förderer, passiv Zufriedene und Kritiker. Als Promotoren gelten nur diejenigen, die ihre Empfehlungsbereitschaft mit 9 oder 10 einstufen.

Vom prozentualen Anteil der Promotoren wird der prozentuale Anteil der Kritiker (Empfehlungsbereitschaft zwischen 0 und 6) abgezogen. Das Ergebnis ist der Net Promoter® Score. Er kann positiv oder negativ sein und zwischen minus 100 und plus 100 liegen. Passiv Zufriedene fließen in die Berechnung nicht ein.

Die Kennzahl allein ist wenig wert

Für Apple wurden schon NPS-Werte von 78, für Amazon von 71, für Porsche von 68, für Google von 63, für Audi von 47, für die TUI 45, für BMW von 42 und für die ING-DiBa von 35 gemessen. Bisweilen werden auch Branchen-NPS erhoben. So hat Satmetrix in Deutschland für Computer-Hardware 15, für Banken minus 5 und für Krankenversicherungen  minus 23 gemessen. Bain-Studien aus 2015 zufolge betrug der NPS für IT-Dienstleister 13, für Softwarehäuser minus 3 und für die Hotellerie 33.

In vielen Fällen sind die Werte niedrig oder sogar negativ, was für die Motivation der Mitarbeiter nicht unbedingt förderlich ist. Ferner sind Vergleiche zwischen Branchen und Ländern mit größter Vorsicht zu genießen, da der jeweilige Befragungszeitpunkt sowie Ereignisse um diesen herum zu starken Schwankungen führen können.

Auch kulturelle und geschlechtsspezifische Unterschiede sind zu berücksichtigen. Zum Beispiel vergeben Japaner höchst selten eine Zehn, Lateinamerikaner jedoch andauernd. Wer gerade wütend auf einen Anbieter ist, gibt schnell mal eine Null. Wieder andere geben grundsätzlich nie mehr als eine Neun, weil sich immer noch was verbessern lässt.

Nur die Ursachenanalyse ist sinnvoll

Zwar ist der NPS-Wert leicht zu ermitteln, doch er misst nur die „Temperatur” einer Kundenbeziehung. Um überhaupt etwas mit dem ermittelten Wert anfangen zu können, braucht es eine Ursachenanalyse.

Diese wird mithilfe einer Zusatzfrage ermöglicht. Sie ist der eigentliche und einzig nützliche Startpunkt für kontinuierliche kundenrelevante und touchpointspezifische Optimierungsmaßnahmen. Und sie geht so:

„Was ist der wichtigste Grund für die Bewertung, die Sie gerade gegeben haben?“

Erst diese Zusatzfrage ermöglicht den Einstieg in einen fundierten Dialog. Sie kann sofort oder im Zuge eines weiteren Anrufs gestellt werden. Hierbei sollte man sich vor allem auf die Touchpoints konzentrieren, die für Loyalität und Empfehlungsbereitschaft eine besondere Rolle spielen.

Warum die Zusatzfrage so wichtig ist

Durch die Zusatzfrage können Stolpersteine rasch identifiziert und O-Töne der Kunden in Meetings und Mitarbeitergesprächen verwendet werden. Die passiv Zufriedenen kann man fragen, was zu tun ist, damit sie höhere Werte geben. Und die Promotoren kann man fragen, mit welchen Worten sie die Firmenangebote empfehlen.

Mehr als ein, zwei weitere Fragen sollten es jedoch nicht sein, weil dies die Komplexität erhöht – und damit gleichzeitig die Antwortbereitschaft sinkt. Bei einer sehr schlechten Bewertung sollten Kunden unverzüglich kontaktiert werden, um nach Hintergründen zu fragen. Bei einer sehr guten Bepunktung macht man das am besten genauso, denn in beiden Fällen gibt es viel zu lernen.

Unbedingt sollten auch die Topführungskräfte solche Gespräche führen, damit sie gepfefferte Kundenkommentare auch mal live miterleben können – und so ein wenig mehr Praxisnähe erlangen.

Wer die NPS-Fragen am besten stellt

Die reine Frage nach dem NPS-Wert erfordert höchstens zwei Minuten. Um die Qualität einer konkreten Interaktion zu messen, macht man das in Contactcentern zum Beispiel so: Nach einem Zufallsprinzip wird der Kunde vor dem anstehenden Telefonat gefragt, ob er mit einer Nachbefragung einverstanden ist.

Am Ende des Telefonats bittet der Mitarbeiter (Agent) den Anrufer im Rahmen einer festen Sprachregelung, nicht aufzulegen und an der Befragung teilzunehmen. Er bittet ihn aber nicht um eine gute Bewertung. Danach schaltet er ihn in die automatisierte Befragung. Ganz wichtig hierbei: Die Agents werden nicht für gute Bewertungen bonifiziert, sondern dafür, dass es ihnen gelingt, viele Bewertungen zu bekommen.

Wo eine telefonische Befragung nicht möglich ist: Schriftlich geht‘s auch. In aller Regel liegt die Antwortquote bei weit über 90 Prozent. So geben bei der Allianz Österreich 98 Prozent der befragten Kunden einen NPS-Wert ab und 67 Prozent stimmen einem Anruf für Zusatzfragen zu.

Wer Repräsentativität will, sollte mindestens 100 Kunden befragen. Reichheld empfiehlt, seine elfstufige Skala unbedingt beizubehalten, denn sie zeigt Nuancen besser als eine fünfstufige Skala. Außerdem empfiehlt er, den NPS erstens sehr regelmäßig sowie zweitens auch für einzelne Produkte und Transaktionen zu erheben.

Wie man mit der Ergebnissen umgeht

Zum Beispiel kann ein Hersteller seine Kunden per NPS entscheiden lassen, welche Produkte überleben sollen. Solche, die niedrige NPS-Werte erhalten, werden sofort aus dem Programm genommen. Bei Mittelwerten kann die Entwicklungsabteilung nachtarieren. Und top bewertete Produkte können vorrangig beworben werden.

Entscheidend ist dann, in Abstimmung mit dem Kunden und zusammen mit den Mitarbeitern sehr zeitnah die notwendigen Verbesserungen einzuleiten (Closed Loop). Wichtige Erkenntnisse können auf einer internen Kollaborationsplattform veröffentlicht werden, damit nicht immer die gleichen Fehler passieren.

Gemeinsames Ziel ist es, mehr Promotoren zu erzeugen und alles, was die Kritiker stört, schnellstmöglich auszumerzen. Denn Kritiker verursachen böse Folgekosten: verspätete Zahlungseingänge, aufreibende Reklamationen, Frustration, Fluktuation, Rechtsstreitigkeiten, Rufschädigungen. Vor allem aber verhindern sie, dass neue Kunden kommen und kaufen.

Promotoren hingegen sind Reputationsverbesserer und kostenlose Verkäufer, die weder ein Gehalt noch Provisionen verlangen. Wenn sie darüber hinaus loyal und profitabel sind, sorgen sie für jede Menge organisches Wachstum.

NPS-Kennzahlen NICHT incentivieren

Der NPS ist nur dann ein wirksames Tool, wenn er die Kundenbeziehungsqualität zutreffend reflektiert. Da, wo die Höhe oder Entwicklung des NPS-Werts in ein Vergütungssystem einfließt, muss besonders darauf geachtet werden, dass die Durchführung wasserdicht ist.

Denn Manipulationen sind, wie bei jeder Befragung, auch beim NPS möglich. Rankings und Prämien sorgen ferner dafür, dass Mitarbeiter absichtlich die falschen Dinge tun, nur um an Ehre und Geld zu gelangen. Die Aussicht auf Boni macht sehr erfinderisch. So werden Rabatte gewährt oder Produkte einfach verschenkt, um im Gegenzug eine Zehn zu erhalten.

Oder es werden nur die Kunden befragt, von denen man sich gute Noten erwartet. Ich habe Unternehmen gesehen, da hat eine hoch bonifizierte Fixierung auf den NPS als Leistungskennziffer (KPI) die ganze Firma in Angst und Schrecken versetzt.

Oder es passieren die absurdesten Dinge. So wurde in einer Krankenhauskette die Schmerzfreiheit der Patienten zum obersten Ziel erklärt, per NPS abgefragt und honoriert. Jeder bei klarem Verstand kann sich denken, was dann geschah. Am Ende hat sogar die Gesundheitsbehörde ermittelt.

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3 Antworten auf „Der Net Promoter Score (NPS) im Management: Die vorstandstaugliche Kennzahl“

Guten Tag Frau Schüller,

Danke für diesen guten Artikel. Besonders beeindruckend sind die Belege, warum man den NPS nicht an Boni koppeln sollte. Ich habe jahrelang mit dem NPS gearbeitet – er war eine DER wichtigsten Kennzahlen in meinem früheren Unternehmen. Bei uns war es zwar nicht direkt an Boni gebunden, aber der Status eines Service-Teams und einer nIederlassung hing stark vom NPS ab. Da ist der Druck groß und entsprechend auch die Versuchung, zu manipulieren. Meist, indem bestimmten Kunden die NPS-Frage einfach nicht gestellt wird. Nun ging es bei uns nicht um die Gesundheit, die Folgen des Drucks waren also nicht so schlimm.

Eines inetressiert mich besonders: Kennen Sie bei NPS-Umfragen per E-Mail auch Antwortraten um die 90%? Das erscheint mir aus meiner Erfahrung sehr hoch. Wir hatten Antwortraten um 25% und standen im Unternehmen schon gut da. Und das als Team in Technischen Service, das eng mit den Kunden zusammen arbeitete. Wenn es nur um Bestellungen und Lieferungen ging, waren die Antwortraten deutlich niedriger – eher 10-20%.

Vielen Dank!
Wibeke Wetzel

Hallo Frau Wetzel, danke für Ihren Erfahrungsbericht. Ich kenne leider keine weiteren konkreten Antwortraten, die meisten Unternehmen halten sich mit ihren Ergebnissen sehr zurück. Vielleicht stellen Sie Ihre Frage einfach mal in der XING-Gruppe zum Thema NPS. Anne Schüller

Übliche Responsraten liegen zwischen 5 und 15% Mit 25% gehören Sie schon zur Spitzengruppe und ich würde vermuten, dass Sie viel Aufwand treiben, um diese Response zu erreichen. Reminder, Nachtelefonieren durch den Vertrieb/Key Account gehören zu diesen Maßnahmen. Die mangelnde Rücklaufquote ist, gerade im B2B Bereich, wo es häufig nur wenige Kunden gibt, eines der großen Probleme. Und wenn Sie dann noch davon ausgehen, dass viele der Antworter die „offene Frage“ gar nicht beantworten, wird die Basis auf der die Ursachen- und im worst case auch noch die Treiberanalyse(?) erfolgt, schnell sehr dünn. Wenn auf diesen geringen Basen dann auch noch strategische Entscheidungen getroffen werden … viel Spaß mit der Zukunft.

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