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Touchpoint Management

Touchpoints zwischen Bewerber und Arbeitgeber (Teil 5): Die Mitarbeiter in allen Phasen aktiv involvieren

In der Vergangenheit war das Recruiting fast ausschließlich auf das Füllen von offenen Stellen ausgerichtet. Die Vakanz war der Auslöser für die üblichen Suchmaßnahmen. Wer nicht genügend Kandidaten zusammen bekam, schaltete einfach weitere Stellenanzeigen. „Post and Pray“ nannte man dieses Prinzip.

Heute haben viele Branchen Mühe, Top-Talente überhaupt zu bekommen. Vor diesem Hintergrund muss sich in den Unternehmen ein Wandel von der punktuellen Vakanzenbesetzung hin zu einer aktiven und kontinuierlichen Talentsuche vollziehen. Den identifizierten Talenten werden dann geeignete Vakanzen angeboten. Die Prozesse haben sich also geradewegs umgekehrt. Fünf Schritte führen von nun an zum Ziel.

1. Schritt: Die Arbeitgebermarke hegen und pflegen

Die Zeiten, in denen man mithilfe von blumigen Stellenannoncen und vollmundigen Imagebroschüren den Pfau machen konnte, sind nun endgültig vorbei. Auf der großen Bühne Internet sind Unternehmen federlos nackt. Wer aber nackt ist, der sollte besser fit aussehen. Denn das Innenleben einer Company wird heutzutage schonungslos bloßgestellt. Und von frustriertem Personal wird ganz schön viel schmutzige Wäsche gewaschen.

Die Reputation der Arbeitgebermarke nimmt in diesem Szenario eine eklatant wichtige Stellung ein. Die relevantesten Recruiting-Touchpoints befinden sich nicht länger im Kontrollbereich der Unternehmen. Anbieter mit hauptsächlich schlechten Online-Kritiken werden im Kampf um die Besten künftig leer ausgehen. Oder sie müssen beim Gehalt einen kräftigen Aufpreis bezahlen. Nur, wer seine Mitarbeiter gut behandelt und eine „lachende“ Unternehmenskultur pflegt, braucht sich keine Sorgen zu machen.

2. Schritt: Die Mitarbeiter als Botschafter nutzen

Jeder Mitarbeiter ist heute ein „Pressesprecher“, ohne dass sich dies verhindern ließe. Hierzu kann er auf digitale Kommunikationsmittel von unglaublicher Reichweite zurückgreifen, wodurch sich positives wie auch negatives Gerede explosionsartig verbreitet. Und je mehr Digital Natives den Unternehmen zuströmen, desto stärker ist der Effekt. Dies ist Fluch und Segen zugleich.

Im Positiven kann jeder Mitarbeiter zu einem Botschafter, Fürsprecher und Meinungsmacher für die unternehmerische Sache werden. Als ‚Corporate Evangelist‘ kann er die Arbeitgebermarke stärken, wo es nur geht. Und dies mit einer Glaubwürdigkeit, die jede offizielle Verlautbarung übersteigt. Wie das funktioniert, darüber habe ich in „Das Touchpoint-Unternehmen“ ein ganzes Kapitel geschrieben.

3. Schritt: Die Mitarbeiter als Mitrekrutierer gewinnen

Neben Engagement und Loyalität sind aktive Empfehlungen so ziemlich das Wertvollste, was ein Unternehmen von seinen Mitarbeitenden bekommen kann. Wenn es sie bekommt! Denn derzeit äußern sich, wie eine Untersuchung der YouGov Psychonomics AG ergab, lediglich 49 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland zustimmend zu folgender Aussage: „Freunden und Bekannten berichte ich viel Positives über meinen Arbeitgeber.“

Bei Top-Arbeitgebern tun dies übrigens mehr als 90 Prozent. Was zeigt: Empfehlungen werden erst dann ausgesprochen, wenn man sich seiner Sache absolut sicher ist. Denn mit jeder Empfehlung kann man sich Freunde, aber auch Feinde machen. Und mit jeder Empfehlung steht immer auch der eigene Ruf auf dem Spiel. Wie man seine Mitarbeiter zu aktiven Empfehlern macht, auch darüber gibt es in meinem neuen Buch ein ganzes Kapitel.

4. Schritt: für positive Bewerbererfahrungen sorgen

Hierbei wird zunächst jeder potenzielle Touchpoint im Verlauf des Auswahlverfahrens gelistet. Am besten zeichnet man dazu die „Reise“ eines Bewerbers durch den kompletten Bewerbungsprozess nach. Dann wird jede Interaktion zwischen Bewerber und Personalverantwortlichen auf ihre Enttäuschungs-, Okay- und Begeisterungsfaktoren hin analysiert.

Dazu wird aus Sicht eines Bewerbers sondiert, was dieser erwartet und im Vergleich dazu erhält. Wie das funktioniert, habe ich bereits hier im Blog beschrieben. Um der Falle der Selbstüberschätzung zu entgehen, bietet sich eine Selbstbild–Fremdbild–Analyse an. Dazu kann ein Teil der Bewertungen direkt von den Bewerbern beziehungsweise von frisch eingestellten Mitarbeitern kommen.

5. Schritt: das Onboarding so glatt wie möglich gestalten

Auch die ersten Tage im neuen Job lassen sich mithilfe der Mitarbeiter optimieren. In einem Fall haben Azubis im Rahmen eines Großgruppen-Workshops den hauseigenen Onboarding-Prozess neu konzipiert. Azubis sind für ein solches Projekt bestens geeignet. Denn sie haben mehr oder weniger jeden Bereich eines Unternehmens kennengelernt. Und sie sind noch nicht blockiert durch Bereichsscheuklappen und eingespielte Prozesse.

Bislang hatte es im dortigen Unternehmen oft mehrere Tage gedauert, bis ein neuer Mitarbeiter produktiv werden konnte. Solange war er nämlich damit beschäftigt, sich zu orientieren und die notwendigen Arbeitsmittel und Genehmigungen zu beschaffen. Das fing schon damit an, dass am ersten Arbeitstag beim Empfang niemand wusste, wo genau überhaupt sein Arbeitsplatz war.

Bei der erarbeiteten Lösung war nun sozusagen per Mausklick alles organisiert: Ein paar Tage vor dem Start erhielt der/die Neue eine Willkommensbox mit wichtigen Informationen, einen Einarbeitungsplan und ein kleines Willkommensgeschenk. Elektronisch wurde er/sie mit Bild und einer Art Steckbrief allen zuständigen und involvierten Personen vorgestellt.

Am ersten Arbeitstag wurde er/sie beim Betreten des Gebäudes auf einem Display namentlich willkommen geheißen. Alle notwendigen digitalen und physischen Arbeitsmittel waren vorhanden. Ein A-bis-Z-Handbuch für den perfekten Start lag bereit. Eine kleine Welcome-Zeremonie war vorgesehen, um die soziale Integration zu beschleunigen. Online- und Offline Mundpropaganda ist bei solcher Fürsorge gewiss. Und schon werden ein paar neue Talente angelockt.

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