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Dystopie oder Anastrophe: Wir haben die Wahl

Ständig will man mir erzählen, was alles nicht funktioniert und wie düster die Zukunft wird. In der Kaffeeküche, beim Spazierengehen, auf Events, überall höre ich solche Diskussionen. Wem eine derart defizitorientierte Sicht zu eigen ist, blockiert sich und andere für Wandel und Fortschritt. Nur mit anastrophischem Denken und Handeln können Unternehmen und Planet wieder gesunden.

Die Geschichte der Menschheit ist eine Fortschrittsgeschichte. Pioniere machten sich immer auf, ohne den genauen Weg schon zu kennen. Nur der, der die Trends der Zukunft versteht und diese mit wachsamem Optimismus gestaltet, liegt fortan vorn. Unsere gemeinsame Zukunft liegt in den Händen derer, die mit frischen Gedanken und smartem Tun die entscheidenden Umbrüche wagen. Hoffnungsvoll und zuversichtlich vernetzen sie die virtuelle mit der realen Welt auf neue, mutige, bahnbrechende Weise.

Natürlich ist es wichtig, auch Skeptikern zuzuhören und sich auf jede denkbare Zukunft vorzubereiten, doch dystopischer Generalpessimismus bringt niemanden weiter. Denn dann kommt es wie immer: Wir machen uns Sorgen, und andere starten durch. Trollen, Scharlatanen und Apokalypsenheraufbeschwörern, die mit ihrer Eskalationsrhetorik um Aufmerksamkeit buhlen oder planmäßig Fake News verbreiten, schenken wir besser kein Ohr. Schon gar nicht sollten wir solches Zeugs ungeprüft weiterverbreiten.

Dystopienverbreiter haben machtpolitische Eigeninteressen

Informationen, eine Vielzahl von Studien, selbst Forschungsergebnisse, etwa über KI, werden gern für eigene Zwecke verdreht. Wenn wir davon lesen, sollten wir uns immer fragen, wer mit welchen machtpolitischen Absichten dahintersteckt. So geistert in den Medien noch immer eine ominöse Studie aus dem Jahr 2013 herum: Benedikt Frey von der Oxford Martin School und Michael Osborne von der University of Oxford haben darin errechnet: 47 Prozent der Arbeitsplätze verschwinden durch KI & Co.

Als sogenannte Negativ-Studie zeigt diese jedoch nur, was man durch die untersuchten Umstände verliert, nicht aber, was man dazugewinnt. Neue Arbeitsplätze durch neue Berufe und neue Branchen werden in der Studie nicht aufgezeigt. Natürlich werden im Zuge der digitalen Transformation Arbeitsplätze verschwinden, vor allem Routinejobs. Hinzu kommen die Jobs in vergreisten Industrien, deren gestrige Produkte niemand mehr will. Doch zumindest in naher Zukunft plagen uns vor allem eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung und Fachkräftemangel.

Die Twin Transformation braucht ständig neue Expertisen

Mit dem Voranschreiten des Fortschritts und dem Aufstieg junger, forscher, agiler Unternehmen werden gänzlich neue Geschäftsideen, neue Organisationsdesigns sowie neue Formen der Arbeit entstehen – und völlig neue Berufe wie etwa diese: Smart-City-Entwickler, Roboter-Disponent, 3D-Handwerker, KI-Trainer, Prompt Engineer, Metaverse Creator, Technologie-Ethiker, Circular-Economy-Designer. Zu vielen neuen Digitaljobs kommen fortlaufend eine Menge „Green Jobs“ hinzu.

Leider kann es aus vielerlei Gründen sehr einträglich sein, Ängste zu schüren. Wer beispielsweise am Abschöpfen des Alten derzeit noch prächtig verdient, hat an Neuerungen gar kein Interesse. „Es geht nicht anders“, tönen sie lautstark, drohen mit Arbeitsplatzabbau und setzen so die Politik unter Druck. Negativschlagzeilen bedienen unsere geradezu unstillbare Lust, Informationen über Gefahren zu sammeln, um selbst mit dem Leben davonzukommen. Lassen wir uns davon bloß nicht paralysieren.

Im Tandem mit förderlichen künstlichen Intelligenzen

Wer an überholten Geschäftsmodellen, Strukturen und Prozessen krampfhaft festhält, wird alles verlieren und komplett vom Markt verschwinden, wie genügend Beispiele aus der nahen Vergangenheit zeigen. Während diese nämlich im Alten verharrten, zogen andere mit neuartigen Lösungen und attraktiveren Jobs für junge Talente an ihnen vorbei. Machen wir uns also besser mit Volldampf daran, jetzt Hand in Hand mit förderlichen künstlichen Intelligenzen für eine erstrebenswerte Zukunft zu sorgen.

Helfer aus Bits und Bytes bieten bei Weitem mehr Segen als Fluch, und das sollten wir gezielt für uns nutzen. Eine gut gemachte KI verletzt niemanden und zerstört nichts. Sie arbeitet für und nicht gegen uns. Konsequent müssen wir deshalb, bevor es zu spät ist, vorausschauend das Nötige gegen Unethisches, Fragwürdiges, Ruchloses tun. Am Ende muss es uns gelingen, eine fein ausbalancierte Regulierung von KI umzusetzen, um die großen Chancen durch KI-Systeme nicht zu behindern – und gleichzeitig deren schädliche Nutzung verhindern, betont die Informatikprofessorin Katharina Zweig.

Katastrophen kennt jeder – Anastrophen sind kaum bekannt

Neben der Katastrophe gibt es ein Wort, das interessanterweise kaum jemand kennt: die Anastrophe. Dieser Begriff beschreibt in der Soziologie eine Kehrtwende zum Guten. Kann also die KI für die Menschheit zu einer Anastrophe werden? Kann etwa durch ihr Zutun unser Klima wieder gesunden? Wissenschaftler sind längst dabei, einen digitalen Zwilling der Erde zu konstruieren, wodurch mithilfe von Simulationen untersucht werden kann, wie zum Beispiel Klimaschutz besser gelingt.

Die synthetische Biologie kann auf Superrechnern eine Fülle von Simulationen durchspielen, Forschung beschleunigen und Innovationszyklen deutlich verkürzen. Dabei werden nicht nur neuartige Impfstoffe und Medikamente, sondern auch bislang unbekannte Materialien entdeckt, die chemische Schadstoffe ersetzen oder diese aus der Umwelt entfernen. So wurden Enzyme gefunden, die Plastik „fressen“, es also in seine Bestandteile zersetzen und wiederverwertbar machen.

Kehrtwenden zum Guten deuten sich auf vielen Gebieten an

Das 2017 gegründete finnische Startup Solar Foods entwickelt ein revolutionäres Verfahren zur Lebensmittelproduktion ohne Landwirtschaft. Ihr Produkt Solein ist ein Protein, das durch Fermentation von Mikroorganismen entsteht, nur mit Hilfe von aus der Luft extrahiertem CO₂, Wasser und Strom. Solein hat das Potential, die Welt nachhaltig zu ernähren, was angesichts des fortschreitenden Bodensterbens und einer zunehmenden globalen Desertifikation eine sehr gute Nachricht ist. Starköche sind bereits an Solein interessiert.

Forscher der Nanyang Technological University, Singapore drucken künftig Gebäude und reichern sie während der Produktion mit CO₂ an. Das bedeutet: Aus der Luft extrahiertes CO₂ wird im Beton zu Stein. Der eingepresste Dampf beschleunigt diese Reaktion und sorgt zugleich für eine höhere Biegefestigkeit. Derart versteinert wird das CO₂ für Jahrzehnte aus dem Verkehr gezogen, mindestens so lange, bis das mit dieser Technik errichtete Bauwerk aus Altersgründen abgerissen werden muss.

Alle Energieprobleme ließen sich mit Kernfusion lösen

Sämtliche Energieprobleme ließen sich lösen, sollte die Kernfusion tatsächlich gelingen. Mit der Kernspaltung in Atomkraftwerken hat das nichts zu tun, vielmehr geht es um eine unerschöpfliche Energiequelle, sozusagen um eine Sonne im Miniformat auf der Erde. Erste Durchbrüche sind gelungen. Am Lawrence Livermore National Laboratory im US-Bundesstaat Kalifornien wurden mehrere Kernfusionsreaktionen erzeugt, die zu einem Nettoenergiegewinn führten.

Ein MIT-Spin-off namens Commonwealth Fusion Systems (CFS) baut mit SPARC in Devens im Bundesstaat Massachusetts den Prototyp eines solchen Reaktors, der eine Leistung von 140 Megawatt haben wird und 2026 in Betrieb gehen soll. Die volle Leistung soll er 2027 erreichen. Fusionsenergie würde, in Kombination mit grüner Energie, die Energiekosten drastisch senken. Vieles könnte dann nicht nur emissionsfrei, sondern auch nahezu kostenlos hergestellt werden. Ein Zeitalter könnte beginnen, in dem alle Menschen die Aussicht auf ein angenehmes Leben hätten.

Das halten Sie für Träumerei? Denken wir an all die Dinge, die aus Kostengründen einst nur privilegierten Schichten zugänglich waren, allem voran die wichtigste aller Ressourcen: das Wissen der Welt. Wenn die Knappheit in immer mehr Bereichen weg ist, wird es viele Probleme, an denen heutige Gesellschaften noch kranken, nicht mehr geben. Das wäre doch eine Ambition, für die sich Engagement wirklich lohnt.

Quelle dieses Beitrags: Mein neues Buch „Zukunft meistern“. Wer ein handsigniertes Exemplar möchte (Lieferbedingungen s. mein Shop): Bitte eine Mail mit Text und Rechnungsadresse an: info@anneschueller.de

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