Kommunikative Zukunftsprognosen sind, soweit überhaupt möglich, in turbulenten Zeiten wertvoller als jemals zuvor. Hierbei helfen uns vier Disziplinen:
- die Hirnforschung,
- die Verhaltensforschung,
- Software-Algorithmik,
- predictive Analytics.
Die Frage ist nun, welche Vorteile diese vier Disziplinen jeweils haben und wie sich das alles miteinander verknüpft. Gewinnen wird in Zukunft vor allem der, der fundierte Daten mit profunder Menschenkenntnis koppelt. Die wirklich erfolgreiche Kommunikation der Zukunft ist zugleich digitaler, menschlicher und emotionaler.
Die digitale Vermessung des Menschen
Algorithmen und vorhersagende Analyseverfahren sind schwer en vogue. Sie sind die Sesam-öffne-Dichs, die Unternehmen wie Amazon zu Superstars machten. Allein mit seinen diversen Empfehlungssystemen erwirtschaftet, so wird gemunkelt, der Online-Versender um die 25 Prozent Mehrumsatz.
Data Scientists, Statistiker und Spieltheoretiker sind die maßgeblichen Wegbereiter solcher Erfolge. Sie füttern mathematische Modelle mit Abermillionen von Datensätzen. So analysieren sie Gesetzmäßigkeiten und Handlungsmuster aus der Vergangenheit.
Daraus leiten sie Vorhersagen über zukünftige Ereignisse ab, predictive Analytics genannt. Sie liefern Prognosemodelle für unternehmerische Entscheidungen und erarbeiten möglichst passgenaue Vorschläge, die man dann kaufwilligen Kunden unterbreitet.
Dennoch braucht es Menschen für die stichhaltige Interpretation aller Daten und ein daraus resultierendes Vorgehen. Algorithmen sind adäquate Hilfsmittel auf dem Weg zu diesem Ziel – mehr aber auch nicht.
Menschen sind keine Nullen und Einsen
Machbar ist heute schon vieles, doch die Machbarkeit sollte niemals über der Menschlichkeit stehen. Denn wie das bei Analysetools immer so ist: Von findigen Anbietern sind sie schnell programmiert, und Gierigen kann man das Blaue vom Himmel erzählen.
Das nenne ich Machbarkeit auf der Suche nach einem Anwendungsgebiet. Und die analysegestählten Manager springen gern darauf an. Doch die Goldgräberstimmung darf nicht dazu verleiten, dass Big Data zu einem rein technokratischen Thema verkommt. Denn entscheidend ist schließlich, was man aus all dem Datensalat macht.
„Das digitale Zeitalter totalisiert das Additive, das Zählen und das Zählbare. Sogar Zuneigungen werden in Form von Gefällt-mir gezählt“, mahnt der Philosoph Byung-Chul Han in seinem Büchlein „Im Schwarm“.
Big Data erfordert vor allem Big Brain
Auch Trendforscher Peter Wippermann warnt: „Big Data ist nicht nur eine technologische, sondern auch eine kulturelle Herausforderung. Denn Daten sind noch kein Wissen. Erst wenn die richtigen Fragen gestellt und die richtigen Verknüpfungen installiert werden, entstehen aus Daten vorteilhafte Erkenntnisse.“
Big Data, also die Echtzeitverarbeitung großer Datenmengen für analytische Zwecke, erfordert mithin nicht nur ein Heer von Servern, sondern vor allem Big Brain, also eine intelligente Herangehensweise. Und sie darf nicht zu einer Totalüberwachung des Users führen.
„Neben den rechtlichen Grenzen sind es vor allem die Grenzen von Anstand und Feingefühl, die Unternehmen in der Verwendung ihrer Datenschätze leiten müssen“, mahnt Andreas Steinle vom Zukunftsinstitut. Die technologische Intelligenz muss sich also mit sozialer Intelligenz paaren. Hierfür wird jede Menge Menschenversteher-Wissen gebraucht.
Was wirklich wirkt, ist nicht zählbar
Kommunikative Erfolge haben ziemlich wenig mit Mathematik, aber ganz viel mit Einfühlungsvermögen zu tun. Es ist das wahre Vermögen von morgen. Und dies ist herausfordernd genug. Denn ein Kunde ist ein multioptional handelndes paradoxes Wesen.
Jeder ist auf seine Weise einzigartig, immer wieder überraschend, meist von Emotionen geleitet und nur selten durch den reinen Verstand dirigiert. Er ist enttäuscht, gelangweilt, verzückt. Er ist wütend, ängstlich, glücklich. Er wird von seinem Umfeld beeinflusst – und ist in seinen täglichen Launen gefangen. Kurz, er ist ein Individuum.
Doch Individuen lassen sich nicht gern in einen Zielgruppentopf werfen. Zielgruppen sind Hilfskonstruktionen aus den Zeiten der Massenkommunikation, und die ist vorbei. Heutzutage müssen wir uns schon ein wenig mehr anstrengen, um eine Kaufpersönlichkeit zu verzaubern.
Menschenkenntnis wird zunehmend wichtig
Dabei darf man niemals den Fehler machen, von sich selbst auszugehen. Denn kein einziger Kunde ist so wie Sie. Schließlich sollte man so viel wie möglich darüber wissen, was im Hirn eines Menschen vorgeht, wenn er an seinen Lieblingsanbieter denkt, eine Kaufentscheidung vorbereitet oder eine Sache enthusiastisch weiterempfiehlt.
Soviel ist jedenfalls sicher: Ein positives Kundenbeziehungskonto wird vor allem durch gute Gefühle genährt. Produkte und Prozesse machen einen Anbieter austauschbar. Erst eine gute Beziehungsqualität macht ihn einzigartig – und unkopierbar. Doch leider scheint dort, wo mit der Brechstange gearbeitet wird und „Taschenrechner“ das Sagen haben, für „weiche Faktoren“ kein Platz zu sein.
Gehirn- und Verhaltensforschung sind notwendige Hilfen
Mithilfe der Neurowissenschaften und dem computergestützten Blick ins arbeitende Hirn will man schon länger ergründen, wie Menschen ticken, was sie berührt und wie wir mit ihnen kommunizieren können, wo beim Menschen die Treiber für ein Ja oder Nein stecken, und wie bei ihm Lust auf Kaufen entsteht.
Über die Motiv- und Verhaltensforschung will man die dazugehörigen Aktivitätsmuster erkennen und das Warum hinter einem Kaufakt ergründen. Solche Erkenntnisse kommen sowohl Offline als auch Onlineanbietern zugute. In den folgenden Blogbeiträgen werden wir uns eingehend damit befassen.