In manchen Unternehmen ist das schon fast wie ein heiliges Ritual: Als erste Reaktion auf einen Vorschlag wird immer zunächst das Negative sichtbar gemacht. Dort sind es die Bedenkenträger, die sich als erstes lautstark zu Wort melden (dürfen), die überall Gefahren wittern und jeden noch so guten Vorschlag zerreden.
Auf den Gängen, im Personalraum und in der Raucherecke sieht es nicht viel besser aus: Da wird vor allem darüber lamentiert, was mal wieder alles schief gelaufen ist, wer sich daneben benommen und einem die Laune verdorben hat.
In den offiziellen Teambesprechungen ist es genauso: Negatives steht an erster Stelle. Und alles dreht sich um Zahlen, Daten, Fakten, Prozesse und Projekte. Sich-mit-sich-selbst-Beschäftigen steht auf dem Programm. Kunden auf der Agenda? Fehlanzeige!
TOP 1: Der Kunde spricht
Man kann das auch ganz anders machen, nämlich hingegen und an den Anfang eines jeden Meetings eine kundenbezogene Erfolgsstory setzen. Unter der Überschrift ‚Der Kunde zuerst‘ erhält dieser den besten Platz: TOP 1 auf der Agenda. Und reihum sollen die Teilnehmer über Kundenbegeisterungsgeschichten berichten.
Die Mitarbeiter aus kundenfernen Abteilungen und teilnehmende Führungskräfte haben dabei die Aufgabe, gezielt nach aussagekräftigen Kundengeschichten zu recherchieren. Eine Regel lautet: die Erfolgsgeschichte zuerst. Kein Sportler würde seine Negativ-Erlebnisse vorkramen, wenn er zum nächsten Sieg eilen will. Im Gegenteil: Er führt sich seine größten Triumphe vor Augen.
Erfolge schweißen zusammen, geben Kraft und machen Unglaubliches wahr. Deshalb lautet eine weitere Regel: Auf eine Problemgeschichte muss immer mit einer Lösungsgeschichte geantwortet werden. Einfache Lösungen sind dabei komplexen Lösungen vorzuziehen. Denn Komplexität kostet Zeit und Geld, und sie ist fehleranfällig.
Eine neue Meetingstruktur
Als Ergebnis eines Workshops bei einem Autobauer haben sich die dort versammelten Führungskräfte auch von ihrer üblichen Meeting-Struktur verabschiedet und stattdessen fünf Bausteine eingeführt:
Baustein 1: Emotion. Am Anfang des Meetings steht eine frohe Botschaft. Das kann ein besonderer Mitarbeiter- oder Teamerfolg, eine Ehrung, ein toller Pressebericht oder ein zahlenmäßig gutes Ergebnis sein. Unter dem Motto ‚Der Kunde spricht‘ können reihum Erfolgsgeschichten erzählt werden, in denen es um eine gelungene Zusammenarbeit mit Kunden geht. Oder es werden Videos mit interessanten Kundenaussagen gezeigt.
Baustein 2: Information. Erst jetzt folgen Informationen aus der Geschäftsleitung über berichtenswerte Vorgänge sowie, wenn nötig, die üblichen Zahlen, Daten und Fakten.
Baustein 3: Interaktion. Nun werden die anstehenden Punkte aus der vorab erstellten und mit Zeitfenstern versehenen Tagesordnung diskutiert, entschieden und in ein To-do-Protokoll überführt.
Baustein 4: Wünsch Dir was. Hier können Wünsche der Mitarbeiter oder auch Kundenwünsche an das Managementteam übermittelt werden. Unter dem Motto ‚Kill a stupid rule‘ lässt sich die Abschaffung eines veralteten/hinderlichen/kundenunfreundlichen/blödsinnigen Standards diskutieren. Unter dem Stichwort ‚verrückte Idee‘ können Begeisterungsideen, die der Verbesserung der internen Zusammenarbeit oder der Kundenorientierung dienen, eingebracht und verabschiedet werden.
Baustein 5: Dankeschön. Am Ende des Meetings gibt es eine Dankeschön-Runde. Jeder Teilnehmer, der möchte, dankt dabei einem Kollegen für etwas, das ihm dankenswert erscheint. Gekrönt wird ein Meeting durch den abschließenden Dank des Moderators und den positiven Hinweis, dass es ein gutes/effizientes/heiteres/straffes Meeting war – je nachdem. Eine solche Wertschätzungskultur tut allen Beteiligten und damit auch dem Betriebsklima gut. Sie hebt die Stimmung und bringt unbändige Lebensqualität an den Arbeitsplatz.
Engels- und Teufelsadvokat
Neben diesen fünf Punkten wurde die Funktion eines ‚Engelsadvokaten‘ implementiert. Er hat nach dem Vortragen einer Idee immer das erste Wort. Er unterstützt die Idee, findet zunächst das Gute darin und gibt ihr so eine Überlebenschance. Nun sind zumindest schon mal zwei im Raum dafür, und Querdenker erhalten die oft so dringend nötige Rückendeckung.
Denn selbst die beste Idee ist ja am Anfang ein zartes Pflänzchen, das von den üblichen Bedenkenträgern schnell totgetrampelt wird. Ferner wird sich unter dem Schutz des Engelsadvokaten nun jeder trauen, selbst die verrücktesten Ideen einzubringen. Und verrückte Ideen beinhalten bekanntlich am ehesten Alleinstellungsmerkmale und Begeisterungspotenzial.
Ein ergänzender Hinweis: In Konsenskulturen und ‚Wattebausch-Meetings‘ braucht es einen ‚Teufelsadvokaten‘, der allzu bereitwillige Zustimmung kritisch hinterfragt. Reine Konsens-Entscheidungen sind selten die besten, denn sie produzieren nichts als Mittelmaß – und Mittelmaß ist bekanntlich vom Aussterben bedroht.
Beide Advokat-Funktionen sollten dann von den Meeting-Teilnehmern im Wechsel ausgeübt werden. So lernt jeder, mal pro und mal kontra zu spielen, also mal Bremser und mal Treiber zu sein.
Eine Antwort auf „Touchpoint Meeting: Wie man Besprechungen besser macht“
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