Krisen sind immer dramatisch, aber sie öffnen auch Türen. Und sie halten Chancen parat. Was die Unternehmen fortan am meisten brauchen, sind Innovationsgeist und Veränderungskraft. Hierzu werden Menschen benötigt, die mit Entdeckerfreude, Gestaltungslust, neugierigem Infragestellen und umtriebigen Ideen Konventionen durchbrechen und Trittsteine ins Neuland legen. Und damit genau das wirklich gelingt, brauchen diese ein passendes Umfeld – und Freiraum zum Experimentieren.
Topdown ist das nicht zu schaffen. Natürlich hat sich in den letzten Monaten sehr viel bewegt. Der Druck der Ereignisse machte die internen Prozesse agiler – und endlich auch digitaler. Doch schaut man genauer hin, passierte das meiste nur punktuell. Zudem beschränkte sich das Vorgehen vornehmlich auf die Arbeitsplatzgestaltung und neue Arbeitstools. An den Basisstrukturen hingegen änderte sich praktisch nichts. Man bleibt weiterhin hierarchisch aufgestellt und in Silos organisiert – wie eh und je.
Verbale Aufgeschlossenheit bei anhaltender Verhaltensstarre
Natürlich wissen die Manager in klassischen Unternehmen, dass sie ihre organisationalen Strukturen verändern müssen, um den Sprung in die Zukunft zu schaffen. Die Komplexität einer hochdynamischen Digitalökonomie lässt sich auf althergebrachte Weise ganz einfach nicht meistern. Doch Herrschende zetteln keine Palastrevolution an. Wer den Wandel zwar fördern soll, aber hierdurch persönliche Nachteile hat, dreht höchstens an kleinen Schräubchen, nicht aber am großen Rad.
Privilegien, Status, Einfluss und Geltung, um all das haben amtierende Führungskräfte lange gekämpft. Das freiwillig wieder herzugeben, ist verdammt schwer. Niemand demontiert sich gern selbst und sägt am Ast, auf dem er sitzt. Durch einen pyramidalen Verwaltungsaufbau und eine aufgeblähte Mess- und Steuerungsbürokratie sorgen die einzelnen Bereiche ja überhaupt erst für ihre Daseinsberechtigung. Bestehendes wird zu Zwecken der Selbstbestätigung glorifiziert.
Wandel aus der Mitte heraus – ohne Auftrag – mit Erfolg
Damit der notwendige Wandel dennoch gelingt, empfehlen Sabine und Alexander Kluge, die Autoren des Buchs „Graswurzelinitiativen“, einen anderen Weg. Beide sind Praktiker und in der Welt tradierter Großunternehmen zu Hause. Viele der im Buch vorgestellten Erfolgsstorys haben sie persönlich begleitet. Befreundete Kollegen haben weitere Beispiele aus anderen Organisationen zugesteuert. Dies macht das Buch lebendig und praxisorientiert. Es hat zudem eine sehr gute Schreibe.
Graswurzelinitiativen werden nicht geplant, nicht topdown initiiert und nicht ausgerollt. Die Mitarbeiter entwickeln die von ihnen als notwendig erachteten Initiativen ganz einfach selbst, auch wenn sie ganz anders „zugeteilt“ sind. Sie erkennen Entwicklungspotentiale oder Missstände, sie sammeln informell und anfangs unsichtbar für das Management ihre Mitstreiter quer durch das Unternehmen um sich herum und adressieren die Themen, die dringend Veränderung brauchen.
„In der Mitte des Unternehmens ist ein großer Gestaltungswille zu finden, der oft einher geht mit der Bereitschaft, hohe Risiken einzugehen, um die Geschicke des Unternehmens mitzubestimmen,“ schreiben die Autoren. Ihrer Ansicht nach sind Graswurzelinitiativen das Beste, was Unternehmen passieren kann: Menschen denken mit, entwickeln gemeinsam Ideen, wie es (noch) besser gehen könnte, und setzen diese dann selbstorganisiert um. Agilität entsteht so fast wie von selbst. Zum Buch
Die Zukunft: digital – komplex – unvorhersehbar – unplanbar
Die ganze Welt ist im Wandel. Die Zeit eilt uns davon und die Unübersichtlichkeit steigt. Die Innovationen werden sich, technologisch vorangetrieben, fortan überschlagen. Ereignisse kommen urplötzlich und aus Ecken, die niemand erwartet. Nichts ist mehr auf Jahre hinaus planbar. Permanente Umbrüche sind völlig normal. Von nun an wird man sich aufmachen müssen, ohne den genauen Weg schon zu kennen. „Dem Gehenden legt sich der Weg unter die Füße“, heißt es so schön.
In dieser unserer immer komplexer werdenden Welt, meint Wolf Lotter, Publizist und Autor des Buchs „Zusammenhänge“, reden wir zwar viel über die Wissensgesellschaft, aber was mit den Netzwerken der Technik, der Ökonomie, der Kultur oder einer zeitgemäßen Bildung wirklich gemeint ist, durchschaut keiner so richtig. Es fehlt uns nicht nur an wirklichem Durchblick, wir trauen ihn uns auch kaum noch zu.
Bekannt sprachgewaltig ermutigt Wolf Lotter in seinem neuesten Werk zu einem konsequenten Umdenken. Wir müssen uns, so der Autor, vom blinden Glauben an Positionen verabschieden und stattdessen in eigenes Wissen investieren. Wir müssen lernen, Komplexität zu erschließen und Zusammenhänge herzustellen. In seinem Buch führt er auf 6 Betrachtungsfeldern aus, wie wir lernen, die Welt wieder zu verstehen.