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Unternehmensführung Kommunikation

Das E in COME-Content: Employee Generated Content

Das Schlagwort vom Content-Schock geht um. Es gibt nicht nur viel zu viel Content-Material, massenhaft ist es unnütz, inhaltsschwach, lästig. Das meiste, was da so ins Web gepuscht wird, ist, wenn wir die Empfänger fragen, unbrauchbares Buzzword-Geschwalle, das achtlos auf dem Content-Friedhof landet.

Doch egal! Haut raus! Alle machen jetzt Content-Marketing. Während sich dabei die Anbieter weiter auf die Selbstproduktion stürzen, bleibt der wertvollste Content meist außer Betracht: Das ist erstens der von Kunden, zweitens der von Medien und drittens der von den eigenen Mitarbeitern produzierte Content.

Was ist das eigentlich: Employee Generated Content

Früher wurde das, was die Öffentlichkeit von einem Unternehmen erfahren sollte, über sorgsam formulierte Pressemitteilungen und Hochglanzbroschüren gesteuert. Was sich hinter der Firmenfassade aber tatsächlich begab, gelangte nur vereinzelt nach draußen: Wenn jemand in seinem persönlichen Umfeld von einem Vorfall erzählte, oder wenn etwas zu den Medien drang.

Heute sieht das völlig anders aus: Die Beschäftigten berichten über Interna im Web. Sie sind zu Botschaftern und Pressesprechern ihrer Arbeitgeber geworden. Hierbei haben die Unternehmen keinerlei Kontrolle darüber, was dem Cyberspace alles anvertraut wird. Am Ende entscheiden die eigenen Mitarbeiter, enttäuschte Bewerber und Ehemalige zum Beispiel maßgeblich mit, wer die besten Talente gewinnt.

Insbesondere die veränderungswilligen jungen Talente werden zuerst die O-Töne Dritter im Web ansteuern. Google nennt sie die „Zero Moments of Truth“ (ZMOT). Sie erzählen von den Bewährungsproben, die ein Anbieter bereits erfolgreich gemeistert hat – oder auch nicht. Vor maroden Arbeitsbedingungen, einem miesen Betriebsklima und schlechten Führungsmanieren kann nun jeder rechtzeitig die Flucht ergreifen.

Hierbei sind etwa Arbeitgeber-Bewertungsportale auch Frühwarnsysteme nach innen: Was bis vor kurzem, wenn überhaupt, meist nur alle ein, zwei Jahre in aufwendigen Mitarbeiterbefragungen ans Tageslicht kam, ist nun für interne Zwecke in Echtzeit verfügbar. Und auch Kunden holen sich dort Informationen, wenn sie – etwa vor einer Kaufentscheidung – wissen wollen, wie ein Anbieter mit seinen Mitarbeitern umgeht.

Employee Generated Content muss gemonitort werden

Ganz klar: Nicht nur Kunden-Content, auch der mitarbeitergenerierte Content muss gemonitort werden. Das Mitverfolgen der Gespräche im Social Web, in Diskussionsforen und auf Meinungsplattformen zeigt der Führung, welche Informationen hinter vorgehaltener Hand kursieren, was von besonderem Interesse ist, wo es Glanzpunkte gibt und um welche Schwachstellen man sich ganz schnell kümmern sollte.

Auch YouTube ist voll von Clips, die frustrierte Mitarbeiter heimlich im Büro gedreht oder nachgestellt haben, um Missstände und Fehlverhalten offenzulegen. Und je mehr Digital Natives den Unternehmen zuströmen, desto stärker ist der Effekt. Doch auch im Positiven kann jeder Beschäftigte zu einem Botschafter und Meinungsmacher für die unternehmerische Sache werden.

Als „Corporate Evangelist” kann er die Arbeitgebermarke stärken, wo es nur geht. Und dies mit einer Glaubwürdigkeit, die jede offizielle Verlautbarung übersteigt. Mitarbeiter, die das bereits von sich aus tun, lassen sich durch eine Webrecherche identifizieren. Sie werden logischerweise sehr viel eher bereit sein, das Content-Marketing zu unterstützen, als solche Mitarbeiter, die man dazu verdonnert.

Mitarbeiter in die Content-Produktion involvieren

Auf modernen Webseiten reden nicht nur die Unternehmen und die Kunden, die eigenen Mitarbeiter reden ebenfalls mit. Sie können Fachartikel, Anwendergeschichten und Blogbeiträge verfassen oder bei Fragen Rede und Antwort stehen. Zum Beispiel so:

  • Auf der Homepage erzählen die Mitarbeiter selbst, wie sie Service gestalten und mit spezifischen Wünschen der Kunden umgehen.
  • Neuen Bewerbern erklärt nicht die Personalabteilung, sondern ein Beschäftigter an seinem jeweiligen Arbeitsplatz, was es mit der ausgeschriebenen Stelle auf sich hat.
  • Kein Website-Texter, sondern eine Fachkraft aus dem Versand erläutert den Verpackungsprozess und die lückenlose Lieferkette.
  • Nicht durch die Presseabteilung, sondern über einen eingebundenen Azubi-Blog wird Interessantes aus dem Betriebsalltag nach draußen getragen.
  • Hat jemand in sozialen Netzwerken Fragen zur Funktion einer Maschine, kann einer aus dem Konstruktionsteam im Kommentarfeld die passende Auskunft geben.
  • Geht es um den Fertigungsprozess, erläutert ein Arbeiter direkt vom Montageband aus per Video die einzelnen Schritte.
  • Ein Werkstudent veranschaulicht im Detail, wie der Einsatz eines Industrieroboters ganz genau funktioniert und wie die Zusammenarbeit mit ihm klappt.
  • Will jemand etwas über die chemische Zusammensetzung eines Produktes erfahren, dann kommt die Laborantin zu Wort.

Keine Sorge dabei! Die Fähigkeit, sich in einer netzwerküblichen Sprache zu äußern, bringen die Jüngeren schon von Haus aus mit. Den anderen, die mitmachen wollen, bringen Geübte die notwendigen Kenntnisse bei. Ein kleines A-Z-Manual mit Tipps für gutes Texten oder ein entsprechendes Erklärvideo sind sehr hilfreich.

Das Einbinden der Mitarbeiter stärkt die Employer Brand

Das direkte Einbinden der Mitarbeiter hat sehr viele Vorteile. Es führt zu einem Plus an Wertschätzung, an Motivation, an Engagement, an Leidenschaft und Loyalität – auch bei den Kollegen, die selbst nicht aktiv sind. Und, ganz wichtig: Wer “offiziell” für seine Firma sprechen darf, wird sie nicht hinterrücks sabotieren.

Sicht- und hörbare Mitarbeiter geben dem Unternehmen zudem Persönlichkeit. Und Frische. Und Authentizität. In jeder Organisation gibt es auch „Originale“, die uns zum Schmunzeln und zum Staunen bringen. Sie sagen mehr über den Spirit eines Anbieters als jede Werbebroschüre. Sie lassen ein Unternehmen offener, freundlicher, menschlicher, vertrauensvoller und glaubwürdiger erscheinen.

Dies stärkt nicht nur die Reputation in der Öffentlichkeit und bei potenziellen Kunden, sondern auch den Wert einer Arbeitgebermarke. Die ganze Welt kann nun erkennen: Ein anonymes Unternehmenskonstrukt mit seinen sterilen Verlautbarungen hat sich in ein lebendiges Gebilde waschechter Menschen verwandelt, mit denen man klasse in den Dialog treten kann.

Nota bene: Über den Mitarbeiter als Botschafter habe ich bereits in meinem Buch Das Touchpoint-Unternehmen – Mitarbeiterführung in unserer neuen Businesswelt sehr ausführlich geschrieben. Es wurde zum Managementbuch des Jahres 2014 gekürt

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