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Wie Unternehmen die Web-3.0-Zukunft erreichen (Teil 2): In die bunte Mixed Reality der Digital Natives, Sharer und Maker eintauchen

Die Hochzeit zwischen dem Social Web und dem mobilen Internet hat uns mit Höchstgeschwindigkeit in die Web-3.0 Welt katapultiert.

Ihr vielleicht wichtigstes Plus: eine digitale Informationsschicht, die sich per Fingerwisch über unsere Offline-Landschaften legt.

Diese neue Konstellation hat das Kräfteverhältnis zwischen Anbietern und Nachfragern endgültig auf den Kopf gestellt.

Denn das Internet spielt den „kleinen Leuten“ zu. Es begünstigt „die vielen“. Es verachtet Zentralisierung. Und es liebt Kollaboration.

Völlig verstaubt: klassische Unternehmensorganisationen

Doch während sich draußen unumkehrbar alles verändert, sehen die Organisationsschaubilder der Unternehmen noch immer aus wie anno dazumal. Sie verdeutlichen – vielleicht mehr als alles andere – die wahre, fossile Gesinnung: Der Chef thront ganz oben, darunter, in Kästchen eingesperrt, seine brave Gefolgsmannschaft.

Die Mitarbeiter kommen in solchen Organigrammen nicht einmal vor. Sie werden wie Fußvolk verwaltet und in Abteilungsschubladen organisiert. Ja, und die Kommunikation zu den Kunden läuft über Kanäle. Doch Werbekanäle sind nichts als das externe Gegenstück interner Silos und veralteter Topdown-Hierarchien: unvernetzt nebeneinander her agierend. Denn ein Kanal dient der Datenübermittlung von einem Sender zu einem Empfänger.

Die Welt der Kunden: eine kunterbunte Mixed Reality

Die Welt der Kunden zeigt ein völlig anderes Bild: Sie schwirren in Outernet- und Internet-Sphären um Unternehmensgebilde herum, die wie Netzwerke agieren (sollten). Sie kaufen an Touchpoints nach Gusto mal offline, mal online. Und bei der Entscheidungsfindung lassen sie sich vor allem von Ihresgleichen leiten.

Von unersättlichen Konsumenten wandeln sie sich zu verantwortungsvollen Weltenbürgern. Manche sind schon „Sharer“ und „Maker“ geworden, das heißt, sie kaufen nicht neu, sondern sie teilen sich das, was sie brauchen, mit Dritten. Oder sie produzieren es selbst.

Die meist webbasierte „Share-Economy“ wird das ohnehin dürftiger werdende Wachstum auf ganz neue Weise bedrohen. Und der Selbermachen-Trend, der durch die aufkommenden 3D-Drucker begünstigt wird, wird völlig neue Geschäftsmodelle kreieren. Es ist also höchste Zeit für einen neuen Typus von Organisation. Ich nenne es das Touchpoint-Unternehmen. In meinem neuen Buch [1]wird es ausführlich beschrieben.

Jeder Mitarbeiter ist heute ein Pressesprecher

Niemals zuvor waren die Kunden einem Unternehmen so nahe wie heute. Denn über die sozialen Medien kann heute jeder Externe praktisch mit jedem Mitarbeiter direkt in Verbindung treten, ganz egal, in welcher Abteilung der sitzt, und egal auch, ob das dem Management passt oder nicht.

Früher wurde das, was die Öffentlichkeit über ein Unternehmen erfahren sollte, über sorgsam formulierte Pressemitteilungen und gut geschulte Vorstandssprecher geschönt und gesteuert. Was sich hinter den Firmenfassaden aber tatsächlich begab, gelangte nur vereinzelt nach draußen: Wenn jemand in seinem Umfeld von einem Vorfall erzählte, oder wenn es zu den Medien drang.

Heute sieht das völlig anders aus: Die Mitarbeiter berichten über Interna im Web. Sie sind zu Botschaftern ihrer Arbeitgeber geworden. Und die Unternehmen haben keinerlei Kontrolle darüber, was sie dem Cyberspace alles anvertrauen. Die Zahl der Kontaktpunkte zwischen drinnen und draußen ist explosionsartig gestiegen. Und sie ist unüberschaubar geworden. Beides ist Risiko und Chance zugleich.

Mitarbeiterführung ist nun öffentlich – und umsatzrelevant

Wer Mitarbeiter führt, behandle diese besser gut und halte ethische Werte ein, denn im Internet kommt es irgendwann raus. Vorbildliches wird dort vergnüglich gefeiert und Gutes kräftig gelobt, Übles hingegen herbe bestraft. Wer lügt und betrügt, wer seine Leute wie ein Berserker behandelt oder sich eigennützig Vorteile verschafft, wird geteert und gefedert und dann an den Online-Pranger gestellt. Das lesen dann nicht nur Kollegen, nein, die gesamte Öffentlichkeit liest das auch.

Schon längst wird das zweifelhafte Innenleben eines Anbieters durch kollektive Nichtkäufe bestraft. Und die besten Bewerber kehren reputationsschwachen Firmen den Rücken, noch ehe es zu einer ersten Annäherung kommt. Denn bevor man hört, was ein Unternehmen selbst über sich sagt, lauscht man denen, die aus erster Hand berichten.

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