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Purpose statt Leitbild: Wie sich Unternehmen in Zukunft aufstellen müssen

Wer zukunftsfit werden will, muss mit dem Sinn und Zweck seines Unternehmens beginnen. Das hat mit den Leitbildern von früher, oft als Vision oder Mission Statement bezeichnet, nur noch wenig zu tun. Der Zweck eines Unternehmens ist nämlich nach außen, klassische Leitbilder hingegen sind nach innen gerichtet.

Die alten Leitbilder: selbstverliebt und egozentriert

Klassische Leitbilder klingen oft ähnlich, meist banal, fast immer austauschbar und irgendwie hohl, geradewegs so, als hätte man einen Leitbild-Generator benutzt. Sie zelebrieren keinen einzigartigen Nutzen für die Kunden, den Markt und die Welt, sondern den Traum von eigener Größe und Herrlichkeit. Und so hört sich das an: „Wir verstehen uns als Marktführer mit 1a-Produkten.“ Oder so: „Wir sind global führend mit unseren Marken.“ Oder so: „Wir sind der Technologievorreiter unserer Branche.“

Übliche Leitbilder und die damit verbundenen Aussagen sind nicht nur egozentriert, das ganz besondere eines Unternehmens kommt gar nicht durch. Vielmehr rieselt es Plattitüden („Wir sind kundenorientiert.“), Selbstverständlichkeiten („Wir sind zuverlässig.“) und Phrasen („Wir beziehen unsere Stärke aus unseren Mitarbeitern.“). Das berührt nicht. Es inspiriert nicht. Und verinnerlicht wird es schon gar nicht.

Fragt man die Mitarbeiter nach dem Leitbild ihrer Firma, erntet man leere Blicke. Mit etwas Glück hört man vielleicht: „Erinnere mich dunkel, haben wir irgendwann mal gemacht, steht glaube ich auf der Website.“ Was aber dort oder in aufgehübschten Unternehmensimagebroschüren steht, ist nichts als Kommunikationsprosa für die Öffentlichkeit, an die intern sowieso niemand glaubt.

Zudem agieren gerade die Oberen allzu oft nicht nach Leitbild und Werten, die sie im wahrsten Sinne des Wortes „verabschiedet“ haben. Bei solchem Mangel an Integrität ist das Aufhängen von Werteplakaten reiner Zynismus. „Lügenbaum“ nennt man in einer ziemlich bekannten Firma aus dem Düsseldorfer Raum die Säule, an der Fotos von Führungskräften hängen, die Leitbildsprüche von sich geben. Ist darüber hinaus das Kernziel an Vorherrschaft und Profitmaximierung gekoppelt, kann das in die zweifelhaftesten Richtungen führen. Namhafte Beispiele dafür gibt es genug.

Der Unterschied zwischen Leitbild und Purpose

Der Purpose als Philosophie hinter dem Geschäftsmodell und Leitmaxime für alles Handeln drückt insbesondere aus, weshalb das Unternehmen existiert und was es in die Welt bringen will. Wer das Gefühl hat, an einer großen Sache mitzuwirken, legt sich ganz anders ins Zeug als jemand, der sich als Erfüllungsgehilfe für die Ego-Ziele anderer sieht. Wird also ein attraktiver Corporate Purpose entwickelt, entsteht hohe Anziehungskraft fast wie von selbst. Nach den talentiertesten Mitarbeitern, den interessantesten Partnern, den besten Lieferanten und den hochwertigsten Kunden braucht man dann nicht mehr mühsam zu suchen, die finden Sie.

Zum Beispiel sieht sich Google nicht selbstfokussiert als größter globaler Suchmaschinenbetreiber, sondern „organisiert die Informationen der Welt.“ Amazon will nicht das Kaufportal Nummer eins sein, sondern „die höchste Kundenzufriedenheit der Welt“ erreichen. Tesla „treibt den Übergang zu nachhaltiger Energie voran.“ TED versteht sich nicht als namhafter Konferenzanbieter, sondern will „wertvolle Ideen weiterverbreiten“. Der Onlinehändler Zappos propagiert: „Deliver happiness and not just shoes.“ Und das Business-Netzwerk XING will „Profis ermöglichen, zu wachsen“.

An solchen Formulierungen erkennt man genau: Es geht nicht darum, wer ein Anbieter ist und was er macht, sondern um den Impact, den er in die Welt bringen will. All diese Statements sind zudem „groß“ und „breit“ gedacht. Sie schaffen Raum für Ausdehnung und (globales) Wachstum. Besteht nämlich der Purpose darin, ein drängendes Problem der Menschen zu lösen und damit die Welt an einer kleinen Stelle zu heilen, dann kann etwas wirklich Grandioses gelingen. Wo die größten Probleme sind, sind auch die größten Märkte. Guter Profit ist dann das Ergebnis.

Wie man sich einer Purpose-Definition nähert

Mit folgenden Fragen können Sie sich Ihrer eigenen Purpose-Definition nähern:

Steht der Purpose fest, kann er für alle unternehmerischen Entscheidungen als Filter dienen. Er zeigt dem Management und allen Beteiligten,

Vor allen dort, wo die Selbstorganisation Einzug hält, ist ein glasklares Statement zu Sinn und Zweck überaus wichtig. Ist das Warum einer Organisation im Kern definiert, gibt dies wie ein Leitstern die nötige Orientierung. So kann jeder Entscheidungen treffen, die für die unternehmerische Sache die richtigen sind. Das bedeutet natürlich, dass jeder Mitarbeiter den Purpose seines Unternehmens kennt und beim Namen nennen kann.

Zurück zum Ursprung kann hilfreich sein

Wenn ich rumreise und Vorträge halte, bin ich stets überrascht, wie selten die Mitarbeiter überhaupt wissen, warum ihre Firma wirklich existiert. Praktisch jedes erfolgreiche Unternehmen hat am Anfang seiner Geschichte einen Purpose, einen Daseinssinn, eine Berufung gehabt. „Es kann doch nicht sein, dass …?“ und „Wäre es nicht viel besser, wenn … ?“, mit solchen Startfragen ging es meist los. Von Ehrgeiz und Enthusiasmus beflügelt vollführte die Startcrew die anstehenden Aufgaben mit Hingabe und wilder Entschlossenheit.

Doch mit zunehmender Größe verwandeln sich die Unternehmen. Sie lösen sich von ihrem eigentlichen Beweggrund und werden zu einer Ego-Firma, die vor allem mit sich selbst beschäftigt ist. Die Lebendigkeit stirbt. Herz und Seele gehen verloren. Die Kunden werden zu einem Vorgang. Aus inspirierten Mitarbeitern werden mechanische Abarbeiter. Es kann also durchaus sehr lohnend sein, nach dem ursprünglichen Purpose zu fahnden und diesen dann zu verjüngen, um sich fit für die Zukunft zu machen.

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