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New World of Work und neue Führungsstile: Der Möglichmacher, also Enabler (2)

Sympathie und Antipathie spielen auch im unternehmerischen Miteinander eine überragende Rolle. Wie Studien zeigen, arbeiten wir nicht nur lieber, sondern auch besser mit weniger kompetenten Sympathen als mit hochkompetenten Unsympathen zusammen.

Der Unsympath bringt also, weil vom Team gemieden, seine Kompetenz-PS nicht auf die Straße. Was logisch ist, denn im Freund-Feind-Dilemma ordnen wir den Unsympathen dem Feindesland zu – und sofort verkrampft sich alles, und unser Hirn macht dicht.

Nur wenn auch die Beziehungsebene stimmt, ist auf der Sachebene Großes zu bewirken. Denn man folgt einem Freund lieber als einem Feind. Und dies betrifft natürlich auch den Chef. Der Enabler weiß das genau und schafft ein entsprechendes Umfeld.

Wie Umantis die „Weisheit der Vielen“ nutzt

Viele Menschen zusammen sind schlauer als einer. Natürlich können sich auch Mitarbeitende falsch entscheiden. Doch wenn Sie die „Weisheit der Vielen“ nutzen, wird es mit Sicherheit eine größere Anzahl richtiger Entscheidungen geben.

„In unserem Unternehmen haben wir diese Überzeugung schon seit Langem in Einstellungsentscheidungen umgesetzt“, sagt Hermann Arnold, Verwaltungsratspräsident der Umantis AG, ein Softwareanbieter aus St. Gallen in der schönen Schweiz. Dort werden alle Führungspositionen durch einen Kollektiventscheid besetzt.

„Und vor Kurzem haben wir meinen Nachfolger, den neuen Geschäftsführer, durch alle Mitarbeiter wählen lassen“, erzählt Arnold. Dies ist übrigens kein Einzelfall. Gerade in der IT-Branche passieren in Sachen Führungskultur, Vernetzung und Möglichmachen derzeit die interessantesten Dinge. Warum? Weil sie sich nicht mit dem altväterlichen Nachlass der Schornstein-Industrie herumschlagen muss.

Wie Sie unternehmerisch handelnde Mitarbeiter bekommen

Sicherlich lässt sich nicht absolut jede Entscheidung an ein Mitarbeiterkollektiv übertragen. Die meisten allerdings schon. Möglichmacher wissen genau: Wer mitunternehmerisch handelnde Mitarbeiter will, muss diese in einem ersten Schritt zu unternehmerischem Denken befähigen.

Möglichmacher schaffen die dazu notwendigen Rahmenbedingungen: Sie stellen die erforderlichen Ressourcen bereit, sie übertragen die für die Aufgabenstellung notwendige Entscheidungsgewalt, und sie übertragen Ergebnisverantwortung. Denn sie wissen: Höchstleistungen können nur in Möglichkeitsräumen entstehen.

Und Kreativität braucht Spielwiesen. Unter Druck werden höchstens Allerweltslösungen erzeugt. Eine freudige Stimmung des Zulassens hingegen beflügelt schöpferische Denkprozesse. Die Intuition erwacht und Querdenk-Potenzial wird aktiviert, um Wege ins Neuland zu wagen.

Das Beispiel Direct Line Versicherung

Eine Möglichmacherin, die sich auf Neuland wagte, ist Anke Schiller, Customer-Care-Leiterin bei der Direct Line Versicherung. „Wir erkannten, dass wir mit all den in Callcentern üblichen Kennzahlen an den Bedürfnissen der Kunden vorbeimanagen.“ So räumte sie diese Instrumente beiseite und sagte:

„Liebe Mitarbeiter, es gibt nur ein einziges Ziel, und das ist, dass der Kunde bei uns bleibt.“ Alles Weitere überließ sie den Mitarbeitern. Sie sagte den Teams: „Ihr müsst das miteinander diskutieren und selbst organisieren.“ Die Kundenbindung stieg, so berichtet sie in der Marketing & Kommunikation, in zwei Jahren um mehr als zehn Prozent und liegt jetzt bei über neunzig Prozent.

Mut zum Machenlassen wird belohnt

Möglichmacher lassen ihre Leute selbst machen, wo es nur geht. Selbst, wenn diese Herangehensweise in der Startphase ein wenig mehr Zeit in Anspruch nimmt, zahlt sich das Ganze am Ende doch aus: Die Mitarbeitenden erleben sich als wertgeschätzte Mitglieder ihrer Organisation.

Sie erkennen den Sinn ihrer Arbeit. Sie werden zu verantwortungsvollem Handeln motiviert. Engagement und Loyalität wachsen. Es werden mehr passende Ideen produziert. Und die Ergebnisse werden am Ende die besseren sein.

Gerade dort, wo Mitarbeiter intensiv in die Strategiearbeit involviert und an den Erfolgen auch finanziell beteiligt werden, werden sie alles tun, damit ‚ihr Baby‘ wächst und gedeiht. Bei den Digital Natives gibt es zu diesem Vorgehen im Übrigen gar keine andere Wahl.

Auf die Agenda: „Kill a stupid rule!“

Folgendes sollte ein fester Tagesordnungspunkt auf jeder Meeting-Agenda eines Enablers sein: „Von welchen dummen Regeln und von welchem administrativen Schwachsinn können wir uns diese Woche trennen?“ Zwei Schlüsselfragen sind dabei zu stellen:

Was man oberhalb der Null-Linie alles machen kann? Fragen Sie die Kunden! Und fragen Sie vor allem die kundennahen Mitarbeiter! Die sind am nächsten dran und haben die genialsten Ideen – wenn man sie nur mal öfter involvieren würde.

Eine konstruktive Fehlerkultur wird gebraucht

Das wertvollste Wissen befindet sich oft an den Rändern einer Organisation. Allerdings geben Mitarbeiter ihre Gedanken nur dann preis, wenn sie glauben, dass diese auch Wertschätzung erfahren. Und wenn sie wissen, dass Fehler kein Beinbruch sind. Wer Neues ausprobiert, der muss auch scheitern dürfen.

Zum Arbeiten in Möglichkeitsräumen gehört also immer auch eine entsprechende Fehler-Lernkultur. „Hurra, ein Fehler“, sollten Sie ab und an rufen, wenn ein solcher passiert. ‚Welche negativen Erfahrungen ich gemacht habe, die sich alle sparen können‘, so kann ein weiterer Besprechungspunkt im Meeting lauten.

Die einzigen Fehler, die nicht toleriert werden können, sind Absicht, Nachlässigkeit und Schlamperei. Ansonsten ist ein Fehler erst wirklich ein Fehler, wenn er zum zweiten Mal passiert. Fehler also ja, aber bitte nur einmal! Denn Fehler sind der Preis für Evolution und Innovation.

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