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Multisensorik im Marketing: So spricht man mit allen fünf Sinnen

Marken, die man über die Sinne erkennt, sind starke Marken. Marken, die sensorische Berührungspunkte vernachlässigen, verschleudern Geld. Marken hingegen, die uns multisensorische Erlebnisse schenken, sind für Wiederholungskäufe geradezu prädestiniert.

Erreicht nämlich eine Botschaft unser Gehirn parallel über mehrere Sinne, erzeugt dies eine zerebrale Wirkungsexplosion. „Kauf das!“, feuern die Neuronen wie wild. Das Habenwollen steigt also beträchtlich. Und jedes Mal, wenn wir das Produkt dann verwenden, verstärkt sich die Verankerung im Gehirn.

Aus Sicht des Gehirns: Mehrsinnig ist attraktiver als einsinnig

Multiple sensorische Erlebnisse sorgen für mehr Aufmerksamkeit, für einen höheren Erinnerungswert und für ein schnelleres Wiedererkennen. Sie signalisieren einen Zuwachs an Qualität und bürgen für Sicherheit.

Die Brand Sense-Studie von Millward Brown hat zudem gezeigt: Die durchschnittliche Markenloyalität steigt von 28 Prozent bei nur einem positiv angesprochenen Sinn auf 43 Prozent, wenn die Marke über zwei bis drei Sinne inszeniert wird.

Gelingt die Einbeziehung von vier oder sogar allen fünf Sinnen, steigt die Treue zur Marke im Schnitt auf 58 Prozent. Multisensorisches Branding stimuliert das Kundenerlebnis demnach beträchtlich. Damit ist es ein extrem erfolgreicher – doch leider noch immer vernachlässigter – Umsatzbringer.

Multisensorik braucht ein aufeinander abgestimmtes Konzept

Multisensorisches Marketing (Sensory Branding) braucht ein virtuos synchronisiertes Konzept. Aus folgenden Komponenten lässt sich schöpfen:

Im ersten Teil meines neuen Buchs Touch.Point.Sieg [1]habe ich ausführlich darüber berichtet, was sich hiermit so alles machen lässt. Besonders spannend ist, was sich digital dazu im Einzelnen tut. Auf verschiedenen Portalen habe ich über Multisensorik bereits geschrieben, zum Beispiel hier:

Ergänzend hier noch einige Überlegungen zum Geschmackssinn und das Gustatorische.

Unser Geschmackssinn: Ist auf die Zunge immer Verlass?

Obwohl mit reichlich Geschmacksknospen ausgestattet, kann uns die Zunge bisweilen täuschen. Damit dies in Gesellschaft nicht peinlich wird, steht professionelle Hilfe bereit. So kann man über den 2006er Clos de los Siete aus Mendoza folgendes lesen: „Blaubeeren, Cassis und Orangenzeste im facettenreichen Bukett, ergänzt durch schwarze Schokolade und einen Touch marokkanischer Minze.

Elegant und weich fließend am Gaumen, nebst viel schwarzer Beerenfrucht auch eine deutliche Würze, schwarzer Pfeffer, dann auch Lakritze und Kakaonoten, sehr sanfte, reife Tannine, insgesamt mit viel Temperament und Ausdruckskraft ausgestattet, lang anhaltendes, sehr präzises Finale.“ Von Weinkritiker Robert Parker erhielt er 92 von 100 möglichen Punkten.

Wissenschaftler von der ETH in Zürich wollten, wie Lutz Jäncke in seinem Buch “Ist das Hirn vernünftig?” berichtet, nun wissen, wie diese Vorinformation ausgewählte Versuchspersonen beeinflusst. Wer vor der Probe wusste, dass der Wein mit 92 Parker-Punkten bewertet wurde, so das Ergebnis, fand den Wein geschmacklich erheblich besser als diejenigen, die von der hohen Profi-Bewertung erst nach dem Verkosten erfuhren.

Erstere wollten für den Wein auch erheblich mehr bezahlen als die Teilnehmer einer Kontrollgruppe, der man fälschlicherweise von nur 72 Parker-Punkten berichtet hatte. Deshalb für alle Restaurantbesitzer – und im übertragenen Sinne für alle anderen auch – hier ein Tipp: Man sollte den Wein immer vor dem Kredenzen loben. Und am besten ist es gewiss, wenn angesehene Dritte ihn loben.

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden

Der Mensch schmeckt vor allem mit der Nase. Und wenn man zum Beispiel an Kartoffelchips denkt, sogar mit den Ohren. Natürlich auch mit den Augen. Was einen ekelt, das könnte man selbst bei Heißhunger nicht essen. Es sei denn, man wird im Dschungelcamp dafür bezahlt.

Geschmacksvorlieben werden, wie Forscher glauben, zum Teil bereits im Mutterleib geprägt, wenn die im Fruchtwasser enthaltenen Stoffe das Näschen des Fötus umspülen. Sie verändern sich im Laufe des Lebens – und auch mit unserem Gesundheitszustand.

Wer herausfinden will, was anderen besonders gut schmeckt, für den ist beobachten besser als fragen. Was Menschen sehr mögen, behalten sie länger im Mund, und es wird von der Zunge eingehend umschmeichelt. Umgekehrt spült man Sachen, die einem nicht munden, wenn überhaupt, so schnell wie möglich herunter.

Unangenehmes beißt man „mit spitzen Zähnen“, um die Geschmacksknospen nicht unnötig zu nerven. Und Bitterstoffe „verschnüren einem den Hals“. Dieser Mechanismus sorgt dafür, dass wir gesund bleiben, denn Bitteres ist für uns sehr oft giftig.

Süßes hat für unser Gehirn einen besonderen Zauber

Für unsere Urahnen bedeutete alles Süße eine nicht nur erfreuliche, sondern auch lebenswichtige Energiezufuhr. Deshalb ist die Freude bei Kindern so nahezu unbezähmbar hoch, wenn sie Süßes entdecken. Ihr Hirn entwickelt ein starkes Hin-zu, was in der Quengelzone an der Kasse gern zum Ausbruch kommt.

Süßes macht süchtig. Aus diesem Grund sind alle Fertigprodukte so süß. Der Konsum von Süßem verändert auch das Preisempfinden der Menschen. In einem Experiment fanden Wissenschaftler der Zeppelin-Universität Friedrichshafen heraus, dass nach Einnahme von Zuckerwasser höhere Preise eher als fair akzeptiert werden.

Als ich das einmal bei einem Vortrag erwähnte, erzählte mir ein Industrie-Verkäufer, er praktiziere beim ersten Gespräch mit Neukunden immer den Schoko-Einstieg, und der geht so: „Wissen Sie eigentlich, wer mein liebster Kunde ist? Die Schokoladenfirma xx! Probieren Sie mal!“

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