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#minus50: Entschlackungsprogramm für Ihr Unternehmen

Mehr Digitalisierung, mehr Automatisierung, mehr Agilität, mehr Flexibilität, mehr dies und mehr das – so schallt es aus allen Ecken und Enden. Doch damit sich das ganz ohne Zweifel notwendige Mehr auch bewältigen lässt, muss man sich zunächst von Altlasten trennen. Genau jetzt wäre dafür der passende Zeitpunkt gekommen. Denn, wie alle Jahre wieder: Rituale des Leidens sind dran.

Rituale des Leidens sind bald wieder dran

Ja, bald ist es wieder soweit: Budgetierungsprozesse und Planungsexzesse, durch die über Wochen die halbe Firma in Lähmung verfällt, stehen auf dem Programm. Wetten auf die Zukunft wandern die Silos rauf und runter. Unten setzt man die Zahlen so niedrig wie möglich an, weil alle wissen: Ganz egal, wie fundiert die zeitaufwendigen Ausarbeitungen auch sind, oben legt man bei Kaffee und Kuchen pauschal nochmal 5 Prozent auf die Zielzahlen drauf. Oder 10 Prozent. Oder noch mehr. Und natürlich werden die veranschlagten Budgets kräftig gekürzt.

Schon allein an den glatten Zahlen kann jeder erkennen, dass sich oben niemand groß Gedanken gemacht hat. Macht kann eben machen, was sie so will. Die neuen Zahlen werden dann runtergereicht – und überall beginnt man zu rechnen, zu rödeln, zu bugsieren und zu schachern, um alles passend zu machen. Die einzige Gewissheit ist allerdings die, dass Plan und Wirklichkeit bereits am zweiten Tag des neuen Geschäftsjahres auseinanderdriften. Und was macht ein braver Manager dann? Er folgt nicht der Wirklichkeit, sondern dem Plan. Das ist absurd!

Bürokratiemonster rund um Ratespiele

Eingelullt in Wunschdenken, Jasager-Wolken und genehme Prognosen agiert das Unternehmen in einer Scheinwelt, die für die Realität gehalten wird. „Aber hier steht es doch schwarz auf weiß in unserem Businessplan“, rufen mir die Eliten zu, wenn ich an ihrem Zahlenwerk zweifle. „Wir rechnen mit einem Umsatzplus von 20 Prozent im nächsten Jahr.“ Sie sagen das so, als ob der Businessplan eine Garantie für den Geschäftserfolg sei. Willkürlich festgelegte Quartalszahlen, deren Erreichen künstlich auffrisiert wird, nähren zudem eine höchst gefährliche Kurzfristdenke.

Ja, natürlich ist Planung wichtig, aber doch bitte nicht so. Kaum sind nämlich die finalen Zahlen verkündet, überlegt sich jeder vor allem, welche Tricks wieder mal nötig sind, um eine Punktlandung hinzubekommen. Denn man wird ja an der Planerfüllung gemessen, sogar bonifiziert. Und jeden Freitag ist dann Märchenstunde. Der Wochenbericht muss geschrieben werden. Wurden die Monats-, Quartals- und Jahresergebnisse nicht erreicht, startet eine umfangreiche Abweichungsanalysen- und Erklärungsbürokratie. Über die Kosten, die das alles verschlingt, will ich hier gar nicht reden.

Die größten Chancen sind jenseits der Pläne

Solche Planspiele sind nicht nur eine Farce, sondern auch sehr riskant. Wer nämlich mit gesenktem Kopf nur noch in sein Zahlenwerk starrt, sieht den Feind nicht einmal kommen. Wer vordringlich für ein großes Stück vom Budgetkuchen und damit gegen andere Abteilungen kämpft, hat keine Kraft mehr für den Markt. Und weil die ganze Organisation so intensiv mit sich selbst beschäftigt ist, hat sie kaum Zeit für die Kunden. In einem auf rigider Kontrolle aufgebauten System können auch keine Innovationen entstehen. Am Ende honorieren die Unternehmen nicht maximale Machbarkeiten, sondern List, Lug und Trug. Und jeder weiß von diesem bedenklichen Spiel, aber alle machen es mit.

Planungssicherheit ist ein Widerspruch in sich. Was den Unternehmen heute im Markt begegnet, ist permanente Vorläufigkeit. Und alles steht ständig zur Disposition. In digitalen Zeiten können „Schwarze Schwäne“ (Nassim Nicholas Taleb), also höchst unwahrscheinliche Ereignisse, an jeder Ecke lauern. Dafür sollten Wenn-dann-Szenarien, dynamische Strategien, rollierende Ziele und Optionen für verschiedene Zukünfte auf Abruf in der Schublade liegen. Denn „Schwarze Schwäne“ warten nicht auf Budgetierungstermine. Und „Weiße Schwäne“ schon gar nicht. Ergo: Manager laufen besser den Kunden hinterher, statt ihrem Plan.

Wenn nicht so, wie aber dann? #minus50!

ADCD, also agil, digital, collaborativ, disruptiv: So lautet die Zauberformel der Zukunft. Die Kernfrage ist dabei die: “Wie organisieren wir unser Unternehmen im Zeitalter der digitalen Transformation?” Eines ist jedenfalls sicher: Starre Prozesse sind, wenn Fluidität dringend notwendig ist, wenig tauglich. Und zentrale Steuerung funktioniert nicht in komplexen Systemen. Auf der Reise in die Zukunft braucht es leichtes Gepäck, weil die Märkte, wie die Hasen, immer neue Hacken schlagen. Das bedeutet: Alles, was eine Organisation langsam macht, muss weg. Und alles, was sie schnell macht, muss her.

Vor dem Obendrauf heißt es also zunächst: kräftig entschlacken. #minus50 setzt genau an diesem Punkt an und will sagen: Halb so viel Bürokratie, Administration, Formularwesen und halb so viele Regelwerke, Reportings, Planungsexzesse, das wäre schon mal ein Start. Wie sich das bewerkstelligen lässt? Indem Sie sich gemeinsam mit Ihren Führungskräften folgender Aufgabe stellen, bevor die anstehende Jahresplanung beginnt:

„Wie können wir den zeitlichen Aufwand rund um unsere Planungsprozesse um 50 Prozent reduzieren – und unsere Zielvorgaben deutlich flexibler gestalten, um agiler zu werden?“

Zusätzlich gibt es ein “Kill a stupid rule”- und ein “Kill the Company”-Programm, über die ich in den nächsten Blogbeiträgen berichte. Damit Sie keinen Beitrag verpassen, können Sie meinem Blog auch über E-Mail folgen. Bitte registrieren Sie sich dazu gleich in der rechten Spalte oben.

Zusätzlicher hilfreicher Lesestoff

„Das Grauen hat in jedem Managementsystem andere Erscheinungsformen“ meint Gunter Dueck. Zudem gibt es viel Nachdenkenswertes in seinen Büchern, seinen Vorträgen und seinem Omnisophie-Blog [1].

Zeit für ein neues Betriebssystem in den Unternehmen. In „Wir sind Chef“ zeigt Hermann Arnold anhand konkreter Modelle, wie eine neue Organisation gestaltet werden kann.

Anhand vieler Beispiele zeigt Frederic Laloux in seinem Bestseller „Reinventing Organizations“, wie Organisationen der Zukunft aussehen können.

Von Silke Hermann und Niels Pfläging stammt Komplexithoden [2] – mit Organisationswerkzeugen in der Komplexität. Niels schreibt seit Jahren Bücher zum Thema.

Von Organisationsexpertin Pia Struck ist gerade erschienen: Game Change: Das Ende der Hierarchie? Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen. Hierzu ein Beitrag auf capital online [3].

Wie es auf den Bühnen der Unternehmen tatsächlich zugeht und welche Verschwendung dabei durch Bürokratie und Hierarchie entsteht, darüber berichtet sehr süffisant Lars Vollmer in seinem Buch „Zurück an die Arbeit“ und im Interview [4]mit der Süddeutschen Zeitung:

Aus meiner Feder stammt: „Das Touchpoint Unternehmen [5]Darin geht es um Mitarbeiterführung in unserer neuen Businesswelt.

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