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Die 7 unternehmerischen Schlüsselaufgaben für morgen – Aufgabe 6, Teil 1: Sich digital transformieren – statt budgetieren

Mit den Computerleuten müssen wir uns wirklich gut vertragen. Denn im Zuge des anschwellenden Datenstroms kommt ihnen eine immer größere Bedeutung zu. Und die digitale Revolution hat schon nahezu alle Unternehmensbereiche erfasst. Umfassende digitale Kompetenz wird deshalb quasi für jeden im Unternehmen zur Pflicht.

Die hauseigenen Informatiker haben gar keine Wahl: Sie müssen ihre ehemals geschlossenen firmeninternen IT-Dienste öffnen – und gleichzeitig für Sicherheit und Datenschutz sorgen. Cloud Computing, Big Data und BYOD (Bring your own Device) sind wesentliche Bausteine in dieser Entwicklung. Das ist Fakt. Doch entscheidend ist immer, was man aus all dem dann macht.

Die Big-Data-Flut ist Chance und Risiko zugleich

Ein Zuviel an Daten ist heute die Norm. Zahlenautismus ist eine bedrohliche Folgegefahr. „Es wird immer leichter, an Informationen zu gelangen, aber es wird immer schwieriger, in der wachsenden Flut der Informationen sicher zu navigieren“, bekräftigt Axel Gloger in seinem Buch Über_Morgen.

Wissen habe nichts mit der Anhäufung von Informationen zu tun, da diese immer und überall abrufbar seien, ergänzt Yvonne Ortmann in einem Beitrag für das Technologie-Magazin t3n, sondern mit der Fähigkeit, „Informationen sinnvoll umzuwandeln und anzuwenden.“

Daten sagen niemals die Wahrheit

Oft genug wird dabei übersehen, dass das eigentlich Wichtige nicht in Zahlenkolonnen passiert, sondern an den Touchpoints zwischen Mitarbeitern, Unternehmen und Kunden. Weil es aber über das Web so leicht möglich ist, aus der ganzen Datenflut immer neue Einsichten zu aggregieren, wird dies auch fleißig gemacht.

Die Krux dabei: Zahlen sagen niemals die Wahrheit. Erstens sind die Ergebnisse immer nur so gut wie das Ausgangsmaterial. Und zweitens sind sie immer das Resultat von Zielen, Interessen und Motivationen. Ergo: Die Zahl unterm Strich, die der CEO am Ende verlangt, und die nach Möglichkeit zweistellig sein soll, ist garantiert falsch.

Die Zahlenhörigkeit vieler Führungsgremien ist geradezu abstrus

Natürlich sind Kennzahlen wichtig. Und Messbarkeit hilft, die Spreu vom Weizen zu trennen. Doch die Zahlenhörigkeit vieler Führungsgremien ist geradezu abstrus. Oft genug wird ganz fanatisch das Falsche getan, Hauptsache, es kann gemessen werden. Auch die Schwerpunkte sind vielfach irrig gesetzt. Meist liegen sie auf Quantität statt auf Qualität und auf Kurzfristigkeit statt Langfristigkeit.

Übervolle Excel-Tabellen aus den Managementinformationssystemen bauen eine Scheinwelt aus willkürlich festgelegten Quartalen auf, die in den abgeschirmten Zentren der Macht für die Realität gehalten wird.

Reportings und Budgetierungsverfahren, durch die ab September die halbe Firma in Lähmung verfällt, fressen jetzt noch mehr Ressourcen. Bisweilen kommt mir das wie ein Beschäftigungsprogramm für Sozialanalphabeten vor. Denn solange man mit Zahlenklauberei zugange ist, muss man sich nicht mit den Menschen befassen.

Und welchen Return on Investment (ROI) bringt die ganze Kontrolle?

Wenn man also die Computer schon rechnen lässt, dann doch bitte auch einmal dies: der Budgetprozess und die ganze Kontrolle, welchen Return on Investment (ROI) bringt eigentlich das?

Und die Opportunitätskosten, also all die Aufmerksamkeit, die man den Mitarbeitern und Kunden nicht schenken kann, während man in der Welt der Daten versinkt, wie hoch sind eigentlich die?

Schließlich kann man auch die ganz große Frage mal stellen: Wenn das Management ein Drittel aller Kosten im Unternehmen verursacht, sich mindestens fünfzig Prozent seiner Zeit mit sich selbst beschäftigt und vor allem Bürokratie produziert, auf wie viel summiert sich denn dies?

Die Tücken beim Planspielen und Zahlenbegaffen

Beziffern lässt sich auch die Zeitverschwendung, die aus der Präsenzpflicht beim Zahlenbegaffen erwächst. Auf größeren Meetings und Konferenzen entrollt sich das immer gleiche Ritual: Als Erstes präsentiert die Geschäftsleitung Ergebnisziffern – auf Folien, die ab der dritten Reihe schon niemand mehr lesen kann.

Egal! Sich mit sich selbst beschäftigen steht auf dem Programm. Im wahrsten Sinne des Wortes. Während nämlich vorne einer mit der Leinwand spricht, wird im Publikum fleißig mit Handys hantiert.

Werden dann die Budgets für die Zukunft verkündet, überlegt sich jeder vor allem, welche (schmutzigen) Tricks wieder mal nötig sind, um die Planzahlen zu sichern. Und jeden Freitag ist dann Märchenstunde. Der Wochenbericht muss geschrieben werden.

Chancen warten nicht auf Budgetierungstermine

Am Ende honorieren die Unternehmen nicht maximale Machbarkeiten, sondern List, Lug und Trug. Zumal heutzutage „Schwarze Schwäne“ (Nassim Nicholas Taleb), also höchst unwahrscheinliche Ereignisse, an jeder Ecke lauern.

Dafür sollten Wenn-dann-Szenarien, flexible Ziele und Optionen für verschiedene Zukünfte auf Abruf in der Schublade liegen. Denn „Schwarze Schwäne“ warten nicht auf Budgetierungstermine. Und „Weiße Schwäne“ schon gar nicht. Die größten Chancen liegen oft genau neben den Plänen.

Ergo: Manager sollten besser den Kunden hinterherlaufen, statt ihrem Plan.

Was man sonst noch so alles besser machen kann, das zeigen die kommenden Beiträge hier im Blog – und natürlich auch mein Buch zum Thema: “Das Touchpoint Unternehmen [1]“. Gerade ist es Buch der Woche im Hamburger Abendblatt [2]geworden.

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