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Die 7 unternehmerischen Schlüsselaufgaben für morgen – Aufgabe 5, Teil 2: Silodenke demontieren

„Ganz bewusst stehen bei uns Online und Offline im Wettbewerb“, sagte mir kürzlich der Vorstand einer Händlerorganisation. „Und wem gehört der Umsatz, wenn die Kunden zwischen den Kanälen mäandern?“, fragen sich dort beunruhigt die Channelvorsteher.

„Hauptsache, sie kaufen bei euch, und nicht bei der Konkurrenz“, ist meine Antwort darauf. Doch in siloorganisierten Strukturen will jede Abteilung für sich die beste sein. So entsteht eine „Win-lose“-Mentalität, die Sieger und Besiegte produziert.

Silos erzeugen „Win-lose“-Situationen

Im fortwährenden Kampf um Budgetressourcen und die Aufmerksamkeit von ganz oben reibt man sich beim internen Schaulaufen auf, statt gemeinsam den Kunden zu dienen. Talente werden gebunkert und auf Sparflamme gehalten, damit nur ja keine andere Abteilung auf sie aufmerksam wird.

Der Austausch zwischen den einzelnen Fachbereichen ist nicht nutzenbestimmt, sondern vorrangig politisch getrieben. Es herrscht eine ausgedehnte Absicherungsmentalität. Alles braucht ewig, während es die Silos rauf und runterwandert.

Niemand darf bei den Abstimmungsprozessen übergangen werden. Eine nie enden wollende CC-Emailflut ist die Folge. Und zur Sicherheit wird das informelle Netzwerk mit einer Blindcopy versorgt.

Löwespiele und anderer Blödsinn

Mit der Silodenke einher geht auch eine große Zahl von Projekten, die rein der Selbstpositionierung dienen. Um das eigene Profil zu schärfen, wird die gesamte Organisation missbraucht. Oft genug geht es dabei mehr um Dimensionen als um Inhalte. Vor allem groß soll es sein!

Und während im Zuge eines generalstabsmäßig vorbereiteten Rollouts weit unten die Letzten gerade eingeweiht werden, schwappt oben schon die nächste Projektwelle los.

Oder aber der Profilschärfer ist auf der Karriereleiter weitergeklettert, und sein Nachfolger spielt das Löwenspiel: Beiß alles tot, was von deinem Vorgänger stammt. Und dann beginne mit eigenen Projekten von vorn.

Wenn nicht so, wie aber dann?

Alphaorganisationen können von Betahäusern und CoWorking-Spaces viel lernen. Deren unkonventionelle Bürolandschaften verbinden virtualisierte Kommunikation und flexible Arbeitszeiten mit dem Wunsch nach menschlichen Beziehungen in einer kreativen Umgebung. Statt Konkurrenz steht dort das Miteinander-Wachsen im Fokus.

Sie sind Biotope für Kollaboration und Vernetzung. Und Prototypen für die Büros von morgen. Der Beta-Begriff ist für mich auch deshalb so treffend, weil er zum einen die ständigen Veränderungen mit ihren Test- und Lernphasen beschreibt. Zum anderen steht er für die Abkehr von der Alphatierchen-Kultur tradierter Organisationen.

Von Betahaus-Konzepten inspiriert

Das CoWorking-Konzept, ursprünglich gedacht als Begegnungsort für die digitale Bohème, begeistert inzwischen auch größere Firmen. Sogar Konzerne schicken ihre Leute in Betahäuser, um sie aus den Routinen ihrer Arbeitskontexte zu lösen.

„Genauso wollen wir arbeiten“, sagen die, die in ihre Büroschluchten zurückkehren (müssen). Daraufhin hat die TUI einen eigenen Open Project Workspace geschaffen, das Modul 57 in der Nähe der Uni Hannover.

„Ein perfekter Ort um kreative Energie zu tanken”, sagen die, die dort tätig sind. Anderswo wird der Betahaus-Stil bereits in die Unternehmen geholt. So werden die tristen ‚Schreibtischfarmen‘ ehemaliger Großraumbüros – in denen hirnbefreite Abarbeiter ihr Tagwerk zu verrichten hatten – zu flexiblen, farbenfrohen, heiteren, inspirierenden, marktplatzähnlichen Arbeitslandschaften umfunktioniert.

CoWorking-Spaces: Fenster in die Zukunft der Arbeit

„Neue Raumkonzepte müssen vorhandene Blockaden, die wir uns mit unseren Räumen selber geschaffen haben, lösen“, erklärt Stefan Rief, Projektleiter „Office 21“ beim Fraunhofer Institut IAO in ManagerSeminare. Dabei entstehen Begegnungsorte, an denen weder Silos noch Machtgefüge eine Chance haben.

CoWorking-Spaces sind Laboratorien für die Geschäftsmodelle von morgen. „So wäre es vorstellbar, sie auch für Externe zu öffnen – beispielsweise für Kunden, die ohnehin zunehmend erwarten, dass Unternehmen sie an der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen beteiligen“, schreibt Lynda Gratton, Managementprofessorin an der London Businessschool, im Harvard Business Manager. Da kann ich nur sagen: ja, unbedingt.

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