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Multisensorik + Digitalisierung: Weshalb Paro und VR-Brillen erfolgreich wurden

Kürzlich habe ich Paro kennengelernt. Große schwarze Kulleraugen, Welpenblick. Er schmiegt sich gern an. Und er schläft ziemlich viel. Lange Wimpern sind dann zu sehen. Erst wenn man ihn anspricht, kommt Leben in ihn. Mit einem unterwürfigen Blick schaut er fiepend und grummelnd nach oben. Jeder Bewegung folgt er mit seinem Kopf.

Wer Paro ist? Eine ziemlich lebendige künstliche Betreuungsrobbe, also ein Roboter. Die Sensoren unter seinem weichen, schneeweißen Fell reagieren auf Berührungen, Licht, Akustik und Temperatur. Er wird für therapeutische Zwecke eingesetzt, vor allem bei älteren Leuten und Kindern. Paro ist lernfähig und reagiert auf Verhalten. Er erkennt sogar seinen Namen, wenn man ihn ruft.

Vor allem soll dieses Kuscheltier helfen, die Kommunikation und das Sozialverhalten der Patienten zu verbessern. Behandelt man ihn gut, wird er ganz herzig. Behandelt man ihn schlecht, wird er garstig. „Einmal”, erzählt mir seine Betreuerin, „bekamen wir ihn in einem so schlechten Zustand zurück, dass wir das Programm neu starten mussten.”

Erfolgreich durch Wissen aus der Verhaltenspsychologie

Weshalb ist von Paro erzähle? Es hat viel mit dem zu tun, worüber ich auch schon im letzten Blogbeitrag [1]sprach: mit dem Erfolg von Pokémon Go, mit Multisensorik und mit einem gelungenen Mix aus physisch und digital.

So wie Pikachu, der der Lieblingspokémon von Vielen ist, entspricht Paro dem Kindchenschema. Dieser von Verhaltensforscher Konrad Lorenz eingeführte Begriff umfasst alle Schlüsselreize, die unser Fürsorgesystem blitzschnell anspringen lassen: ein übergroßer Kopf, eine hohe Stirnpartie, weit auseinanderstehende große Augen, kleines Näschen, runde Wangen, piepsige Stimme. Das Kindchenschema sorgt insbesondere dafür, dass wir Babys und Kleinkindern beistehen, selbst dann, wenn es nicht unsere eigenen sind.

Solches Wissen aus der Verhaltenspsychologie kann ganz klar helfen, eine Sache erfolgreich zu machen. Dabei ist es völlig egal, ob es sich um rein Digitales oder rein Physisches handelt, oder ob man, wie auch bei der Virtual Reality, beides miteinander verknüpft. Multisensorik ist dabei ein riesiges Thema.

Der Hype um VR-Brillen hat viel mit Multisensorik zu tun

Der einsetzende Hype um Virtual-Reality-Brillen, um den das Fachwort „Immersive Experience“ kreist, ist geradezu logisch, wenn man Multisensorik versteht. Virtual-Reality-Brillen ermöglichen das Eintauchen in virtuelle Mitten-drin-Erlebnisse vom Wohnzimmer aus. Sie lassen Welten entstehen, die es gar nicht, noch nicht oder nicht mehr gibt.

Für den ganz großen Durchbruch braucht es allerdings Fülle. Eine massentaugliche Kameratechnik dafür steht vor dem Durchbruch. Die meisten VR-Filme werden schon in Kürze nicht länger nur von Profis gemacht, sondern – so wie heute die Videos – von ganz normalen Usern gedreht und über entsprechende Portale verbreitet.

Neue Lebensentwürfe können dann gefahrlos getestet und exotische Urlaubsorte schon mal vorab inspiziert werden. So nutzt der Erlebnisgeschenk-Anbieter Meventi eine kostengünstige Virtual-Reality-Brille aus Pappkarton, um seinen Kunden kleine Abenteuer schmackhaft zu machen. „Damit ist es uns gelungen, unsere Conversion-Rate zu verdoppeln“, verrät der Geschäftsführer Alexander Will.

Mehrfach sinnliche Erfahrungen sind stärker als einsinnige

Zwar wird jeder Denk- und Entscheidungsprozess von inneren Bildern begleitet, die unser Hirn in einem unaufhörlichen Schöpfungsprozess konstruiert. Doch virtuelle Erfahrungen, die sich wie real anfühlen, sind dem Kopfkino überlegen. Sie sind attraktiver als mühsame Texte und statische Fotos. Und das Eintauchen in ein Erlebnis ist stärker als jeder Gedanke, wie es zum Beispiel durch Storytelling entsteht.

Jede Art von Bewegung erreicht unsere Neuronen schneller als statische Informationen. Denn sie signalisiert dem archaischen Hirn eine potenzielle Gefahr. Andererseits sind Bewegungen aus Sicht des Gehirns sehr faszinierend, weil mehrere Sinne daran beteiligt sind. Gleichlautende Informationen auf mehreren Kanälen bieten zudem eine größere Sicherheit.

Wer ein wildes Tier hörte und es gleichzeitig roch und zudem verdächtige Bewegungen im Blätterwald sah, dessen Genmaterial hatte höhere Überlebenschancen. Wenn etwas gut aussieht und sich gut anfühlt und gut riecht und gut schmeckt, verschafft uns dies eine viel größere Gewissheit, nicht vergiftet zu werden.

Aus solchen Gründen wird die mehrsinnige Botschaft der einsinnigen vorgezogen. Erreicht die gleiche Botschaft unser Gehirn parallel über mehrere Sinne, erzeugt dies eine zerebrale Wirkungsexplosion. „Kauf mich!“, feuern die Neuronen wie wild. Jedes Mal wenn wir ein solches Produkt verwenden, verstärkt sich die Verankerung im Gehirn – und der Suchtfaktor steigt.

Wenn sich Multisensorik mit digitaler Expertise verbindet

Verwendungsmöglichkeiten für virtuelle Rundumbrillen gibt es en masse. In Nachrichtensendungen sind wir auf einmal mittendrin im Geschehen. Pop-up-Stores können virtuell zum exklusiven Anprobieren neuer Kollektionen einladen. Das Haus, das man kaufen will, kann aus der Ferne begangen und ein Produktionsverfahren voruntersucht und gemeinsam mit anderen rundum begutachtet werden. Ganz neue Formen des Lernens sind denkbar, wenn man sich via Datenbrille an den Ort eines Geschehens begibt.

Selbst Ausflüge in die nahe Zukunft sind möglich. Dazu werden mal eben zum Beispiel die Bauvorhaben einer Stadt in die Visualisierung integriert. Wir werden uns in ferne Sportereignisse – wie derzeit bei der Olympiade – ebenso hineinbeamen können wie in das Livekonzert der Lieblingsband am anderen Ende der Welt. Mit Spezialkameras bestückte Drohnen produzieren die VR-Filme dafür.

In der Markenkommunikation, im Vertrieb und in den unterschiedlichsten Branchen werden VR-Brillen in Kürze nicht mehr wegzudenken sein. Und ziemlich bald werden wir, mit Datenbrille versorgt und in einen Simulationsanzug gesteckt, auf VR-Holodecks in jedes erdenkliche Szenario eintauchen können.

Kurz zum Unterschied zwischen AR und VR

Die Begriffe Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) werden gern in einen Topf geworfen, obwohl sie sehr unterschiedliche Erfahrungen bergen. Zudem bieten sie völlig verschiedenen Potenziale und Anwendungsmöglichkeiten für Unternehmen und Nutzer.

Unter Virtual Reality versteht man die digitale Simulation einer realen Umgebung. Diese künstlich erzeugte Welt kann mit allen Sinnen erfasst werden, während die Wirklichkeit vollständig ausgeblendet wird. Mit Hilfe technischer Hilfsmittel, das ist nach aktuellem Stand am häufigsten eine recht klobige Brille, taucht der Anwender komplett in die virtuelle Welt ein und nutzt dabei umfangreiche Interaktionsmöglichkeiten. Dies verschafft ihm ein intensives emotionales Erlebnis.

Die Augmented Reality ist eine künstlich erweiterte Realität. Sie entsteht durch Informationsschichten aus virtuellen Daten, die via Smartphone und Tablet oder etwa durch die Microsoft Hololens in die Wirklichkeit eingeblendet werden. Das können Objekte, Texte, Grafiken, Symbole oder eben auch Pokémons sein, die sich vor den Augen des Betrachters in seiner realen Umgebung zeigen.

Nicht nur in Form von Spiele-Apps, auch in vielen Bereichen des Arbeitslebens werden AR-Anwendungen bereits eingesetzt. In den nächsten zwei, drei Jahren wird AR wohl ein fester praktischer Bestandteil unseres Alltags sein. Wichtigste Hardware ist dabei die Datenbrille, durch die der User beide Hände frei hat, was in vielen Fällen erhebliche Vorteile bietet. Markenkonstrukt hat eine ausführliche Betrachtung [2]zum Thema.

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